Donnerstag, 27. November 2008

Eine Hängematte fürs Leben...

Endlich – nach etwa sechs Wochen nach erster Erwähnung – haben wir es geschafft, die Hängematte aufzuhängen. Dabei wurde mir gleich ein hervorragendes Beispiel ecuadorianischer Arbeitsweise demonstriert.

So dauerte es erstmal Wochen, bis ich selbst die notwendigen Haken und Dübel besorgt hatte, die wir für die hamaca benötigten, was jedoch kein Vergleich zur Zeit war, die es brauchte, bis eine Bohrmaschine (übrigens BOSCH) und ein passender Bohrer herbeigeschafft waren.
Als wir dann endlich alles beisammen hatten und es hieß „Samstag hängen wir Sie auf!“, dauerte es natürlich noch bis Sonntag. Aber dann ging es zur Sache.

Hätte ich nicht weitsichtigerweise (jaja – Eigenlob) Zeitung unterlegt, wäre das Ganze auch euphorisch direkt über dem Teppichboden abgelaufen. Und das ohne Staubsauger im Haus.
Also Bohrmaschine raus, in Ermangelung von Körpergröße auf einen wackeligen Stuhl gestellt und Abfahrt!
Doch schon beim Ansetzen tauchte das erste Problem auf:
Die angedachte Säule war natürlich nicht aus Hohlblocksteinen gebaut, sondern aus Zement gegossen. So mühte sich denn mein armer Gastvater mit den lausigen 110 lateinamerikanischen Volt an der Säule ab, während ich vollauf damit beschäftigt war, die krawallbegeisterten Kinder von den Werkzeugen fernzuhalten. Nach einer Viertelstunde des Bohrens war es tatsächlich geschafft: Ein dübeltiefes Loch war in der Zementsäule erschienen.
Leider war das Loch nur dübeltief, nicht jedoch dübelbreit. Der Bohrer war eine Nummer zu klein...

Doch was schert das einen Ecuadorianer?
In Ermangelung eines passenden Dübels wurde einfach mit dem selben Bohrer das Loch verbreitert. Mit dem Ergebnis, dass Dübel und damit auch der Haken wackelig und locker in der Fassung saßen.

Man spart sich die Beschreibung des zweiten Loches, nur so viel:
Im Hohlblockstein ist das Bohren einfacher, dafür verschwinden die Dübel in den zu großen Löchern allzu gern spurlos.

Nachdem also die Haken in keinem der beiden Löcher auch nur ansatzweise sicher unterzubringen waren, griff Nicholas zur ultimativen Lösung:
Die Löcher größer ausbohren, Haken rein und Zement drüber!

Und so liege ich jetzt in einer Hängematte, deren Halterungen einzementiert und für die Ewigkeit in der wand verankert sind. Der Gedanke an Morgen fehlte zwar gänzlich bei dieser Konstruktion, dafür aber hängt die hamaca und das war ja das Ziel des Ganzen.
Ein Hoch auf Nicholas!

Politik und Fußball

Lustige Anekdote:
Nicht nur, dass die Ecuadorianer an den Wahlen teilnehmen müssen, weil sie sonst anschließend keine staatlichen Dienste mehr in Anspruch nehmen können, anlässlich der Wahlen 2009 werden jetzt schon jeden Abend die Erklärungen ausgestrahlt.
Wer wen wann wählt, wie viele Abgeordnete, Abgesandte, Präsidenten es gibt, jedoch kein Wort über eventuelle Parteien oder politische Ausrichtungen der Kandidaten.

Sowieso scheint Fußball hier viel mehr zu interessieren, als Politik.
So bin ich mit der gesamten Familie bei einem Spiel von „El Nacional“ gewesen, wie der Name unmissverständlich sagt der Club der Patriotisten und Militärs von Ecuador.
Da Nicholas ja der Marine angehört und vor kurzem sogar zum Organisationskader des Fußballclubs „El Nacional“ einberufen wurde, gab es Freikarten für die ganze Familie. Böse Zungen würden behaupten, dass es die Freikarten aus Ermangelung von Zuschauern gab, war das Olympiastadion Atahualpa letztendlich nur zu 10 Prozent besetzt, aber all diese Spekulationen seien einmal verbannt.
Angesichts dieser Zuschauermassen war die Stimmung auch nur in den jeweiligen Fanblocks gut, wobei das vom 1:0, 2:0 auf Seiten der Nacionalistas zum 2:1, 2:2 zu den Macaranern wechselte.
Im Gegensatz zu diesem eher tristen Spiel gab es einen Tag darauf das Spitzenspiel „Liga“ – „Barcelona“. Wobei Barcelona natürlich die Mannschaft aus Guayaquil meint und nicht die spanische.
Nach dem Ergebnis von 2:1 zu Gunsten der „Liga“ bewiesen jedoch die Fans aus Guayaquil gute europäisch-englische Manieren und zerlegten aufs Gründlichste das Stadion der „Liga“.
Nach dem Spiel gab es die obligatorischen Prügeleien und Scharmützel mit der Polizei, ganz nach Vorbild der Spieler von denen immerhin auch 3 durch rote Karte vorzeitig ausschieden.

Man könnte durchaus sagen, dass sich das hitzige Gemüt der Latinos besonders gern bei Fußballspielen entlädt, aber generell gilt ja: „Die wollen nur spielen.“

Samstag, 22. November 2008

Fiestas del Colegio

Tag I

Die SMS erreicht mich zu nachtschlafendert Zeit. Normalerweise muss ich erst spät in der Guarderia sein, aber heute reißt mich das penetrante Piepen meines Handys aus dem Schlaf.
„Sei um halb acht im Colegio, heute gehen die Fiestas los!“
Ich weiß zwar, dass Fiestas sind, aber wann die losgehen, was da geplant ist und überhaupt... Was weiß denn ich kleiner Volunteer da schon?

Also raus aus den Federn, schnell geduscht und gefrühstückt um mit einer halben Stunde Verspätung – man nannte es die „hora ecuatoriana“ - in der Schule anzukommen. Mein Handysaldo ist leer, damit kann ich auch in der Guarderia nicht Bescheid sagen, dass ich nicht komme. Scheiße.

Angekommen in der Schule merke ich schnell, dass ich eigentlich noch gemütlich im Bett liegen könnte, halten die Nonnen doch gerade noch ihre Messe ab. Aber immerhin komme ich so zum ersten Mal in den Genuss von Messe auf Spanisch, unter Weihrauchgemüffel und dem furiosen Ende einer Feuerwerksrakete.
Was allerdings auch der Auftaktknall für die Fiestas gewesen sein kann.
Als dann endlich alles an seinem Platz ist, Musik und Boxen gebracht werden und alle Schülerinnen sich draußen versammelt haben, kann es losgehen. Jedoch ganz anders als erwartet.

Statt Reden, Vorführungen oder anderen Dingen, die man auf einer Schulfeier in Deutschland vielleicht machen würde, stehen hier Sackhüpfen und Eierlaufen auf dem Plan.
Nachdem auch ich mich mit den anderen Lehrern einbeinig in einer Reihe aufgestellt hüpfenderweise vor den Schülerinnen zum Affen gemacht habe, kommt schließlich noch die einzige Vorführung des Vormittags:
Ein traditioneller ecuadorianischer Tanz, der in traditionellen Trachten aufgeführt wird.
Unter zahlreichen „Viva christo rey!“-Rufen vergeht so der Großteil des Vormittages, anschließend sollte eigentlich der Unterricht fortgeführt werden, aber die Lehrer haben eine Sitzung. Da es sich bei diesen Reuniones meistens nur um Glaubensfragen und Schulpolitik handelt nehme ich nicht teil, sondern schaue mir das Spektakel der Schülerinnen auf dem Schulhof an.

Denn: Man gebe Ecuadorianern Musik und eine freie Fläche und – Sie tanzen.
Mit den eben noch traditionelle Musik abspielenden Boxen und rasch aufgelegtem Reggaeton, sowie dem großen Schulhof tanzten sich meine sonst so schüchternen Schülerinnen die Seele aus dem Leib. Ohne Aufforderung, ohne Alkohol, am hellichten Tage.
Warum sieht man sowas nicht mal in deutschen Schulen?

Tag II

Wenig passiert.
Wenn man mal davon absieht, dass ich mich tatsächlich zur ersten Stunde aus dem Bett gequält habe, um dann ins Colegio zu kommen, ohne dass da irgendwas passiert, ist kaum was erwähnenswert.
Der Grund für die Unterbeschäftigung der Lehrer, die sich bei den weiblichen Beschäftigten in Kochen umsetzt, ist der Zeichnen- und Malwettbewerb, der in drei Stunden ausgeführt werden soll.

Die besten Bilder werden anschließend an einen Orthografiewettbewerb der unteren Klassen von einer fachkundigen Jury – will heißen Sekretär Ronny und den beiden für die Schule zuständigen Nonnen aus dem Kloster – ausgewählt und prämiert.
Die eigentlich für danach angedachten Sportwettbewerbe (Volleyball, Basketball und Fußball) werden kurzerhand durch Singen religiöser Lieder ersetzt.
Will hoffen, dass das morgen nicht wieder so läuft, sonst beginne ich ernsthaft an Sinn und Zweck meines Trainings zu zweifeln. Immerhin werden laut Diego Mix-Mannschaften aus Schülerinnen und Lehrern untereinander spielen. Warten wir ab, was weiß Diego schon...

Achja, abgesehen von den Fiestas gab es noch eine Volunteer-Versammlung, die nach den obligatorischen Besprechungen von Fiestas de Quito („Trinkt nicht so viel!“) über Midterm-Camp (Dank der Weltwaerts-Leute wurde das mal eben von 2 auf 5 Tage verlängert – Bei gleichem Budget) schließlich in einer Sitzung Gruppentherapie endete.
Normalerweise ja sehr offen für sowas – immerhin ehemals angehender Psychologe – konnte ich mir jedoch nach den ersten Ausführungen über eine „göttliche Essenz“ und ähnliches die Bemerkungen nicht mehr verkneifen.
So erwuchs immerhin aus den Entspannungsübungen, bei denen wir irgendwann ein „Licht“ sehen sollten eine recht interessante Diskussion, ob es etwas wie eine allgegenwärtige „Essenz“ gibt, die uns allen innewohnt und uns vereint. Den zentralen Punkt des Psychologen habe ich jedoch leider verpasst und die Nachfrage konnte auch er nicht beantworten, aber es schien um etwas wie Heimweh zu gehen... Wo da dann auch immer die Verbindung zur „göttlichen Essenz“ liegt...

Tag III

Befürchtungen wurden wahr.
Wofür trainier' ich die Mädels eigentlich, wenn die nie spielen dürfen?
Der Tag bestand neben den obligatorischen Tänzen von traditionell über RocknRoll zu HipHop eigentlich nur aus Warten und Zeit absitzen – in der man auch ohne Probleme mal ein Volleyballspiel hätte unterbringen können.
Dafür waren die Tänze immerhin nicht schlecht gemacht, einsame Spitze natürlich Julias Tanz mit „meinen“ Tercero-Mädels (wobei diese Wertung natürlich absolut nicht voreingenommen ist).
Zwischen Tänzen und Warten gab es dann noch die eine oder andere Vorführung, neben einem Theaterstück über ecuadorianische Exekutive hauptsächlich religiös motivierte, wobei die Aussage des jeweiligen Stückes jedoch nicht aus der Vorführung selbst hervorgehen musste, da immer eine Erklärung nachgeschoben wurde: „Die Aufführung soll zeigen, dass man immer an Gott glauben soll und er einen nicht allein lässt!“
Ansonsten sollten wir Freiwilligen noch einen vor dem ganzen Colegio austanzen, was jedoch ebenso realisiert wurde, wie das geplante Mittagessen mit allen Lehrern - Nämlich nicht.
Damit ist eigentlich auch alles über den dritten Tag der Fiestas gesagt, erwähnenswert bleibt nur noch, dass mir noch zwischen Tür und Angel mitgeteilt wurde, dass es wohl nächste Woche Trimesterexamen gibt und dass ich die doch bitte noch bei der Direktion zur Vorüberprüfung einreichen sollte. Den Schock konnte Diego glücklicherweise wieder aufheben, weil er – laut eigener Aussage – da schon was vorbereitet hat. Warten wir ab.

Summa summarum...
Waren die Fiestas ganz lustig und vor allem eins: Anders.
Von Organisation zur Einstellung der Schülerinnen, von Vorführungen zu „Viva Christo Rey!“-Rufen war dieses Schulfest in keinster Weise mit einem Deutschen zu vergleichen.

PS: Fotos stehen oben...

Freitag, 21. November 2008

Technisches Update #4

Bilder von Caros Geburtstag stehen oben...

Montag, 17. November 2008

Pulchones und Quinceñera

Zeit, Zeit, Zeit.
Die Zeit vergeht hier so schnell, dass man es kaum mitbekommt.
So berichte ich heute auch wieder ueber Ereignisse, die sich schon vor zwei Wochen zugetragen haben. An diesem Wochenende war naemlich wieder grosse Familienaction geplant, eingeleitet von den Vorfuehrungen zur Indígenakultur ausgerichtet von der Escuela meiner Gastschwester Nicole.
Klar, dass das Pflichtveranstaltung war.

Ecuadorianisches Schulsystem: Das Schulsystem hier in Ecuador scheint folgendermassen aufgebaut zu sein. Eingeschult wird nach 2 optionalen Jahren Kindergarten (Guarderia) in die Grundschule (Escuela), wo die Kinder dann die 6 ersten Schuljahre verbringen, um danach auf der weiterfuehrenden Schule (Colegio) ihre Schullaufbahn zu beenden. Dabei ist es jedoch nicht auf jedem Colegio moeglich, den selben Abschluss zu erlangen. Manche Colegios schliessen nach Decimo (unserer neunten Klasse), andere fuehren bis zum Bachillerato, was der hoechste Schulabschluss ist.
Weiterhin sind die Colegios hier weitaus spezialisierter als in Deutschland. So gibt es technische Colegios, altsprachliche, medizinische, naturwissenschaftliche bis hin zu den auslaendischen Schulen, die von dem jeweiligen Land bezahlt und gefuehrt werden, dafuer auch einen grossen Teil der Stunden in der Landessprache abhalten.


Zu der Veranstaltung giung es dann Mittags ins Stadion von Lumbisi, wobei der hochtrabende Name “Stadion” jedoch eine nur eine mehr oder minder eigeebnete Grasflaeche mit Betontribuenen bezeichnet, die insgesamt vielleicht Platz fuer 300 bis 400 Zuschauer bieten.
Da dieses Fest jedoch ohnehin nicht die Kapazitaeten bot, um diesen Rahmen im entferntesten sprengen zu koennen, stoerte das niemanden. Dank des Akkus meiner Kamera, der nach 5 Fotos den Geist aufgab, kann ich die Eindruecke leider (fast) nur schreibenderweise teilen.
Zu typisch ecuadorianischer Musik fuehrten die einzelnen Klassen der Escuela ihre einstudierten Taenze vor. Gekleidet in die traditionelle Kleidung des Kitu Kara Pueblos ging es dabei hauptsaechlich darum, Sombreros rhythmisch in die Luft zu heben oder symbolisch der Sonne zu huldigen. Fuer mich persoenlich war es interessant es gesehen zu haben, ohne dabei jedoch das Gefuehl zu haben, in die ecuadorianische Kultur eingetaucht zu sein.

Kitu Kara: Das Pueblo Kitu Kara ist in der Provinz Pichincha beheimatet, wobei Pueblo nichts anderes heisst, als dass sich dieser Indígenastamm in Kleidung, Kultur von den anderen (bspw. des Oriente) abgrenzt, ohne dabei jedoch die Verwandtschaft zu leugnen. Die Trachten der Kitu Kara bestehen aus schwarzen Ponchos ueber weissen Camisetas (eine Art langaermliger, bestickter Hemden) und weissen Leinenhosen, dazu die klassischen einfach geschnuerten Sandalen.
Die Frauen tragen weinrote Ponchos ueber weissen Blusen und bestickten Roecken.


Neben dieser positiven Erfahrung ecuadorianischer Kultur, durfte ich an diesem Nachmittag auch die erste negative Erfahrung als Weisser unter Indígenas machen. Begruesst wurde ich gleich zu Anfang von der Leiterin einer Tanzgruppe mit der Bemerkung zu ihren Freundinnen, dass ich wohl mit der Gruppe der Peluchones auftreten wuerde.
Peluchones sind dabei die weissen Pfarrer der Kolonialzeit, die dafuer beruechtigt waren, den Reichtum der Ureinwohner zu horten und sich nur in Gegenwart Hoehergestellter an christliche Werte zu halten.

Diese ganze Geschichte war jedoch schnell vergessen, als es nach diesem Event zum Haus meiner Cousine ging. Die hatte naemlich ihren fuenfzehnten Geburtstag zu feiern, was hier in Ecuador soviel heisst, wie der Uebergang von Maedchen zu Frau und dementsprechend gefeiert wurde.
Die bei meiner ersten original ecuadorianischen Feier noch zur Genuege gefundenen Zweifel an Sinn und Verstand der ganzen Tanzerei habe ich mittlerweile auch gut abgelegt und neben der Fotografiererei den Abend gut auf der Tanzflaeche verbracht. Spaetnachts versuchte dann mein Gastvater Nicholas noch, mir die traditionellen Tanzschritte der Ecuadorianer beizubringen, was jedoch wenig Erfolg zeitigte.
Alles in allem war es wieder eine typische Feier der Leute hier, auch wenn sie dieses Mal weitaus groesser angelegt war. Von einer extra fuer Caro abgehaltenen Messe ueber ein grosses Abendessen bis zu den bereitgestellten “Damas y Caballeros”, welche die Quinceñera in ihr fuenfzehntes Lebensjahr ueberfuehrten war alles dabei.
Sogar ein Auftritt fake-mexikanischer Mariachis wurde noch geboten, bis der offizielle Teil schliesslich mit dem “Anbiss” der Torte endete, der -alter ecuadorianischer Brauch- dazu genutzt wurde, um Caros Gesicht grosszuegig mit Torte einzudecken.

Fotos von dieser Feier gibts zur Genuege und werden selbstverstaendlich auch nachgereicht…

Dienstag, 11. November 2008

Que bonita es ... Cuenca!

Und schön war es in Cuenca, unserem letzten Reiseziel auf der Ecuador-Entdeckungstour.
Nach zehn Stunden Schlaf im luxuriösen Nachtbus der Panamericana, der neben unendlicher Beinfreiheit auch mit Getränkeservice aufzuwarten hatte, wachten wir in einer kleinen Nebenstraße Cuencas am Panamericana-Terminal auf.
Beim Aussteigen durften wir gleich bewundern, was den ganzen Aufenthalt in der Stadt prägen sollte: Sauberkeit!
Keine auf der Straße verteilten Müllhaufen, weder die in Quito allgegenwärtigen Müllsäcke am Straßenrand, noch mit leeren Plastikflaschen verzierte Gossen. Einfach schön!

Cuenca: Die, nach Aussagen der Cuencanos, schönste Stadt Ecuadors mit den schönsten Frauen und dem höchsten Lebensstil im ganzen Land feiert jährlich am 3. November ihre Unabhängigkeit, die sie 1820 von Spanien deklarierte. Interessante Anekdote für Deutsche: Die „Nueva Catedral“, einst als größte Kathedrale Südamerikas geplant, wurde von dem schwäbischen Architekten Dächinger geplant und erbaut.

Da wir anlässlich der „Fiestas de Cuenca“ , der Feierlichkeiten des Unabhängigkeitstages von Cuenca in diese Stadt gekommen waren, waren nicht nur alle Zimmer gnadenlos ausgebucht, sondern die wenigen freien auch noch hoffnungslos überteuert. Doch mit der von Quito aus erledigten Organisation konnten wir dann zu fünft in einem Fünfer-Zimmer unterkommen – Für den doppelten Preis.
Aber immerhin hatten wir so eine Bleibe in der Altstadt und konnten alle interessanten Sehenswürdigkeiten zu Fuß erreichen. Dahingehend ließen wir uns auch nicht lumpen, besuchten Museen und Kirchen, wobei die „Nueva Catedral“ und das Sombreromuseum die Höhepunkte darstellten.
Die Kathedrale ist einfach nur beeindruckend gigantisch, an der höchsten Stelle 65 Meter hoch, erfrischend schlicht eingerichtet und lässt so das überladene Ambiente der Kirchen dieser Zeit angenehmerweise gänzlich vermissen. Hier finden sich bei jedem Besuch die traditionell-katholischen Cuencanos beim Gebet, teils still versunken, teils mit Gesängen ihre eigene Messe ohne Priester abhaltend. Einer der Pater verlor jedoch selbst in dieser ehrfürchtigen Atmosphäre seinen Humor nicht:
Ein Schild weist darauf hin, das Handy auszuschalten, GOTT will mit dir reden!

Im Sombreromuseum dagegen wurde die Herstellung der als Panamahüte bekannten Jipi-Japas veranschaulicht und nebenbei natürlich auch fleißig verkauft. Obwohl ich meinen schönen Hut in Otavalo erstandenen Hut auf der Ibarrafahrt verloren hatte, habe ich mir in Cuenca keinen neuen gekauft. Den verlier ich eh wieder...
Außerdem komme ich ja nochmal wieder.
Abgerundet wurde diese Sombrerotour durch den Besuch des „Casa del Sombrero“, in dem wir nicht nur die teuersten und feinsten „Sombreros Superfinos“ bewundern durften, sondern auch darauf hofften den berühmten Hutmeister Alberto Pulla zu treffen. Leider vergeblich, da er gerade geschäftlich unterwegs war.

Panamahüte, Jipi-Japas oder Superfinos: Der irrtümlicherweise als Panamahut bekannt gewordene Superfino stammt aus und wird bis heute nur in Ecuador produziert. Die Pflanze, deren Fasern zur Herstellung der feinen Hüte benötigt werden, wächst nur in Ecuador und die Versuche, aus den Fasern einer verwandten Pflanze in Mexiko ähnliche Hüte herzustellen, sind bislang von wenig Erfolg gekrönt. Je nach Qualität des Hutes werden Wochen bis Monate veranschlagt um den Hut herzustellen. Dabei gilt: Umso schmaler die verwendeten Fasern, desto hochwertiger der Sombrero. Der Maestro Alberto Pulla stellt Hüte her, die so dicht und fein gewebt sind, dass sie nicht nur wasserdicht sind, sondern auch durch einen Fingerring gezogen werden können, ohne ihre Form zu verlieren. Diese Kunstfertigkeit bezahlte Pulla jedoch mit seiner Stimme: Durch die Dämpfe der Chemikalien zur Flexibilisierung der Hutfasern ausgelöster Krebs zerfraß einst seinen Kehlkopf.

Neben den abendlichen Entdeckungstouren, die uns nicht nur bestätigten, dass Cuenca definitiv zu den teuersten Städten Ecuadors gehört, sondern auch zeigten, dass sich das cuencanische Nachtleben definitiv sehen lassen kann, sahen wir uns auch traditionelle Feierlichkeiten an.
So gab es am Montag einen Umzug zu sehen, bei dem auch althergebrachte Volkstänze aufgeführt wurden, wobei es augenscheinlich hauptsächlich darum zu gehen schien, den Hut kunstvoll durch die Gegend zu schwingen.
Auch abends waren neben Livebands und Feuerwerk auch Radrennen zu bestaunen, wobei sich Cuenca mehr für das Radrennen als die eigentlichen Feierlichkeiten zu interessieren schien.

Einen kleinen Schock mit ecuadorianischem Erlebnis hatte ich schließlich noch im Taxi. Mit cuencanischem Anhang im Taxi Richtung Friedhof unterwegs, um Colada Morada anlässlich des Totensonntags zu probieren, schnitt unser Taxista einem heranbrausenden Pizzaauslieferer auf seinem Motorrad den Weg ab. Einen Knall und eine tiefe Delle in der Seitentür später sprangen wir alle – glücklicherweise unverletzt – aus dem Taxi um nach dem Motorradfahrer zu schauen.
Auch ihm war nichts passiert, als dies jedoch sichergestellt war, begann der Taxifahrer ihn zu beschuldigen und zu fordern, seine Tür zu bezahlen.
Als dies jedoch keinen Erfolg zeigte – immerhin war das Taxi links von der Vorfahrtstraße abgebogen ohne das Motorrad zu beachten – setzte sich der Taxifahrer kurzerhand in sein Auto und brauste davon. Ohne Name, Adresse oder Nummernschild zu hinterlassen.
Von diesem Verhalten geschockt ließ ich mich kurzerhand in das Auto eines Kolumbianers dirigieren, der angehalten hatte und so freundlich war, uns zur nächsten Colada Morada zu fahren...

Totensonntag: In Ecuador lebt der Brauch, anlässlich des Totensonntages Colada Morada und Guaguas de Pan zu machen. Dieses dickflüssige Getränk aus allerlei Früchten und von Unmengen Brombeeren violett gefärbt wird mit den Guaguas, unseren Stutenmännern nicht unähnlich, auf dem Friedhof den Toten dargebracht und anschließend verzehrt. Ein leckerer Brauch!

Nach all den Feierlichkeiten und Festivitäten, Besichtigungen und Sehenswürdigkeiten ging es dann Montag Nacht wieder Richtung heimatliches Quito. In einem bei weitem nicht mehr so komfortablen, aber ausreichendem Bus ging es über Nacht wieder zurück.
Mit der festen Entschlossenheit, ins schöne Cuenca zurückzukehren und einer handfesten Erkältung kam ich schließlich Dienstagmorgen wieder in meiner Familie in Lumbisi an...