Mittwoch, 25. März 2009

Dschungeltour mit den Primitas oder Der höchste Wasserfall Ecuadors

Wie häufig in den letzten Wochen verbrachte ich vor kurzem wieder einen Abend bei tio Pedro und Familie, was hauptsächlich aus gemeinsamen Essen, Hausaufgabenhilfe für prima Wendy und Handyspiele für primo Zaul bestand. Auch den Erzählungen von der Arbeit auf nicht ganz einwandfreiem Spanisch wird immer gerne gelauscht, generell scheint hier der Gesprächsstoff nicht allzu umfangreich zu sein, so dass Abwechslung von den Themen Familie und Dorfgeschehen immer gerne gesehen wird.
Ich wollte mich schon fast wieder auf den zehnminütigen Weg zurück ins Tal machen, als Wendy noch schnell einwarf: „Kennst du eigentlich schon El Chaco?“
El Chaco, hinlänglich bekannt durch die Raftingberichte von meinem ehemaligen Lehrerkollegen Diego liegt im Oriente von Ecuador, etwa vier Fahrtstunden östlich von Quito und ist eine der ersten touristischen Anlaufstellen für Dschungeltouren. Die Frage verneinend erzählte Wendy weiter, dass sie einen Schulausflug dorthin machen wolle und lud mich kurzerhand ein, mitzukommen. Auf eigene Faust auch noch Reisekumpan Paul einladend nahm ich das Angebot an und so fanden wir uns Samstagmorgen um 6 Uhr morgens am Rande Cumbayas ein, um den Schulbus des Colegio Militar zu erwarten.
Nach der in Ecuador üblichen dreiviertel Stunde nach verabredetem Zeitpunkt konnten wir uns dann auch endlich in den Bus setzen und wurden dort von ca. 50 neugierigen Achtklässlern in voller Uniform erwartet, welche die Fahrt über kaum ein Augen von den beiden Weißen lassen konnten. Dabei erwies es sich wieder einmal als äußerst angenehm, mit Paul zu reisen, da ein großer, blonder Deutscher natürlich wesentlich interessanter ist, als meine dunkelhaarige Wenigkeit. Nach den üblichen Stories über Herkunft, Vergleiche Deutschland – Ecuador und Unterhaltungen mit den begleitenden Lehrern kamen wir zum Ziel des pädagogischen Ausfluges: Eine Ölpumpstation im ecuadorianischen Dschungel, an welcher der Direktor der Schule erst einmal mit den verantwortlichen Ingenieuren den Eintritt zu verhandeln hatte, bevor es hinein ging. Wir hörten uns eine kurze, chaotische und vollkommen inhaltsfreie Vorstellung der Anlage durch einen Ingenieur an, die zu allem Übel auch noch zum Großteil von den nebenan arbeitenden Pumpen übertönt wurde und verließen dann schnell wieder die Anlage. Nicht ohne vorher das hervorragende Wiederaufbereitungsbecken zu begutachten, dem angeblich kein Tropfen Verunreinigung in den nahe gelegenen Fluss entweichen sollte.
Von den großen Schornsteinen, welche die Abluft der Pumpen in die Luft entließen, von dem über Kilometer hinweg zu hörenden Lärm der Pumpen, den immer wieder aufgrund von Wartungsmängeln vorkommenden Brüchen der Ölpipeline oder gar den Förderungsmethoden natürlich keine Rede.
So beendeten wir, meiner Meinung nach ohne jeglichen Wert für die Schüler, diesen Abschnitt des Schulausflugs und gingen Mittagessen. Danach verabschiedeten wir uns von den Primitas und ihren Mitschülern, weil diese den Rest des Tages im westlich gelegenen Papallacta verbringen wollten, während unser Weg uns wieder nach Osten zum Reventador führte.
Mit der guten alten Daumenraus-Methode fanden wir auch bald einen Pickup, der uns bis vor die Haustür der einzigen Herberge im Umkreis des Reventadores fuhr. Unterwegs konnten wir mit eigenen Augen begutachten, was mit den Schülern nicht klar geworden war. Wir kamen an einer Öl-Unfallstelle vorbei, und der Fahrer erklärte uns, dass hier vor einigen Monaten noch alles schwarz vor Öl gewesen war. Selbst jetzt, nach 8 Monaten Säuberungsarbeiten waren immer noch einige schwarze Lachen zu sehen. Niemand weiß, wie lange das Zeit hatte in den Boden zu sickern und das Grundwasser zu vergiften, bevor die staatliche Ölgesellschaft die Notwendigkeit sah, überhaupt mit den Renaturierungsmaßnahmen zu beginnen.

Am Hostal angekommen erwartete uns zunächst einmal ein Schock. Laut Hotelpage und Koch vom anderen Ufer gab es keine Zimmer mehr. Ratlos schauten wir uns, wie konnte ein Hostal außerhalb der normalen Feiertage an einem verhältnismäßig untouristischen Ort wie hier bis aufs letzte Bett ausgebucht sein?
Mit dem Hoffnungsschimmer, dass der abwesende Chef vielleicht doch noch ein Zimmer auftreiben könnte, besichtigten wir erst einmal den höchsten Wasserfall Ecuadors, die Cascada San Rafael. Ein schlecht begehbarer, halbstuendiger Weg fuehrte dorthin, zwischendurch ging es noch an einem Pfoertner vorbei, der uns eigentlich $10 haette abnehmen sollen, uns aber ohne Nachfrage so reinliess. Schon bald erreichten wir den Aussichtspunkt auf den Wasserfall und waren alle beide – beeindruckt.
Gigantische Wassermassen waelzen sich die 140 Meter hinunter, scheinen so langsam zu fallen, dass man einzelne Schwaden dabei verfolgen kann. Dazu droehnt ein gewaltiges Grollen durch den Kessel, in dessen Mitte das herabstuerzende Wasser verborgen im Spruehnebel auf den See trifft.
Bewundernd hielten wir eine halbe Stunde inne, den Wasserfall betrachtend, bevor wir wieder zurueck ins hostal gingen.
Hier erwartete uns die gute Nachricht, dass doch noch ein Zweibettzimmer verfuegbar waere und die Erklaerung fuer die Vollbelegung: Die fuer das Oel-Unglueck zustaendigen Arbeiter waren alle im gleichen hostal untergebracht.
Immerhin hatten wir uns nun eine Unterkunft fuer die Nacht gesichert, waere nichts mehr in diesem hostal frei gewesen, haetten wir die Nacht wohl unter freiem Himmel verbringen muessen.
So konnten wir aber beruhigt zu Abend essen, uns einen Fuehrer fuer die Reventadorwanderung am naechsten Morgen organisieren – der sich als der Hotelpage herausstellte – und nach einem erfrischenden Sprung in den von frischem Flusswasser gespeisten Pool frueh zu Bett gehen.
Immerhin hatten wir uns mit unserem Guide fuer 6 Uhr am naechsten Morgen verabredet.
So standen wir wie schon am tag zuvor um 5 auf, sprangen zum Aufwachen nocheinmal in den Pool, fruehstueckten unser gewohntes Toni-Marmeladen-Pan-Fruehstueck und fanden uns puenktlich um 6 am verabredeten Treffpunkt ein. Wie in Ecuador ueblich war unser Fuehrer natuerlich erst um viertel vor Sieben anwesend, woraufhin wir aber zuegig loswanderten. Schliesslich hatten wir dem Jungen versprochen, Mittags wieder zurueck zu sein. So ging es durch tiefsten Matsch in geliehenen Gummistiefeln an der Oelpipeline vorbei in den Dschungel hinein.
Zwar war auf unserer Hoehe von 1800 Metern noch nicht von richtige, Dschungel zu sprechen, den man sich als Mitteleuropaeer so vorstellt, aber was Matschaufkommen und Luftfeuchtigkeit anging, machte der Weg seinem Namen alle Ehre.
Nach zweieinhalb anstrengenden Stunden Matschwanderung, die zu allem Ueberfluss auch noch hauptsaechlich bergauf ging, hatten wir dann endlich unser Ziel erreicht. Eine weite, feuchte Ebene lag vor uns, nur mit Moos, Flechten und einigen niedrigen Straeuchern bewachsen. Das sei der Ausbruch von 2005, meinte Flo zu uns. Weiter ging der Weg durch die wie verzaubert daliegende, nebelverhangene Landschaft, in der mit Tau behangene Spinnennetze in den Straeuchern glaenzten.
Vollkommene Stille lag ueber dem gesamten Bild, dass ich mir wie in einem Maerchen vorkam.
Nach einer weiteren kurzen Wanderung durch diese Landschaft, deutete Flo auf einmal nach vorne und erklaerte: „Das sind die Reste des Ausbruchs vom letzten August!“
Vor uns lagen riesige Steinhaufen, still und scharfkantig. Mit einem Grinsen ueber unsere Gesichter begann Flo den Aufstieg des naechsten der 15 Meter hohen Steinhaufen und rasch ueberwanden wir unser Staunen und folgten ihm hinauf. Die unbequeme Kletterei ueber scharfkantige Steine, die sich bei jedem Tritt zu loesen schienen lohnte sich jedoch, als wir oben ankamen. Um uns herum nur Nebel und die dunklen, chaotisch uebereinander geworfenen Steine kam ich mir vor, wie am Ende der Welt. Dampfend breitete sich soweit der Nebel es zuliess nichts als schwarzer Stein aus, kein Felckchen Gruen dazwischen. Aus allen Spalten der Gesteinshaufen erhob sich kraueselnd heisser Dampf. Selbst jetzt, acht Monate spaeter, waren die Steine im Innern dieser Haufen noch heiss genug, um das Regenwasser verdampfen zu lassen.
Uns genuesslich in den heissen Dampf setzend verzehrten wir die mitgebrachte Zwischenmahlzeit und unterhielten uns ueber den Vulkan und seine Ausbrueche. Der einzige Wermutstropfen der Wanderung war, dass aufgrund all des Nebels keine Spur vom Vulkan selbst zu sehen war. Doch so hatten wir immerhin die geheimnisvolle Landschaft um uns herum, die sich unseren Fuehere auf dem Rueckweg sogar kurz verirren liess. In all dem Nebel und der ueberall gleich aussehenden Landschatf verloren wir alle kurz unsere Orientierung, fanden dann aber schnell wieder auf den richtigen Weg zurueck und betraten einmal mehr den Dschungel.
Der Rueckweg war deutlich leichter, weil immerhin hauptsaechlich bergab, auch wenn Flo auf einmal eine Verfolgungsjagd starten zu muessen meinte, die mit einem verdrehten Fuss meinerseits endete. Endlich kamen wir wieder am Hostal an, alle vollkommen verdreckt und erschoepft, aber sehr zufrieden mit dem Ausflug. Mit einem Blick auf die Uhr bestaetigte sich auch unsere Selbsteinschaetzung, denn wir hatten die siebenstuendige Wanderung in nur Fuenf geschafft.
So konnten wir uns beruhigt in den Bus nach Hause setzen, der mich sogar angenehmerweise nicht erst im Sueden Quitos absetzte, sondern schon im Nachbarort Cumbaya...

PS: Fotos sind oben...

Mittwoch, 11. März 2009

Cotopaxitour mit den Volunteers

Gina hatte es angekündigt und so setzten wir es auch vergangenes Wochenende in die Tat um. Ein Besuch des Cotopaxi, höchster Vulkan der Welt, stand für alle Freiwilligen auf dem Plan. So fiel auch der ursprüngliche Besuch der Kleinstadt Guaranda in der Provinz Bolivar für mich flach, auch wenn es mir im Nachhinein nicht Leid darum tut.
Um fünf Uhr morgens aufgestanden sammelte ich auf dem Weg nach Quito noch sämtliche Freiwilligen aus „Los Valles“ ein und so fanden wir uns einsam weil pünktlich um sieben Uhr morgens am vereinbarten Punkt in Quito ein. Nachdem auch der Rest der Versammlung aus alten (seit August/September), neuen (seit Januar) und vollkommen unbekannten (seit ???) Vols angekommen war, ging es nach kurzer Ansprache des unsympathischen Guides im gemieteten Bus und Jeep auf in den Cotopaxi-Nationalpark.

Die Fahrt dauerte geschlagene drei Stunden, inklusive Aufladen der Fahrräder und Zwischenstopp am Eingang des Nationalparks. Nach einem Halt in einem winzigen Museum und der lang bekannten Erklärung über die Straße der Vulkane und Flora und Fauna der Sierra, kamen wir aber schließlich – endlich – in der Hochebene des Cotopaxi an. Ein riesiges Plateau, vollkommen karg, von etwas Steppengras und kleinen Blümchen abgesehen, erstreckte sich um uns herum, während der gigantische Cotopaxi sich neben uns erheben... Sollte.
Leider war nur eine Flanke des Vulkanes durch die Wolken zu sehen, welche sich wie um uns zu ärgern nur um den Berg herum zusammen gezogen hatten. Schnell ein paar Fotos geknipst und mal wieder bereut, keine Panoramafotos schießen zu können, dann ging es weiter, immer hinauf den Berg, bis kein Weg mehr für den Bus war.
Von dort ab hieß es laufen, unangenehme 300 Höhenmeter durch lockeres Gestein und sandigen Untergrund, dass man sich vorkam, als würde man mit jedem Schritt nach vorn zwei zurückrutschen. Doch schließlich hatten wir es alle geschafft, weniger angestrengt als angenommen nahmen wir von den 4800 Metern Höhe des Refugiums noch einmal weitere 100 in Kauf, um endlich Schnee berühren zu können.
Schnee!
Das erste Mal in Ecuador, wieder Kälte fühlen, wie sie sich gehört!
Schon bald flogen die ersten Schneebälle, wurden Schneemännchen gebaut und die Engel aus der Kindheit in den Schnee gemalt...
Man kann sich als Deutscher kaum vorstellen, wie man so viel Spaß im Schnee haben kann.

Glücklich über die kalte Erfahrung fanden wir uns bald wieder beim Mittagessen ein, alles in allem ein großes Buffet aus Brot, ecuadorianischem Käse und Guacamole, dazu einige Kekse und von allem so viel wie man essen konnte. Gesättigt machten wir uns schließlich wieder an den Abstieg zum Bus, wo schon die Fahrräder auf uns warteten um den aufregenden Teil des Nachmittags zu beginnen.
Dürftige Bauarbeiterhelme auf dem Schädel, bretterten wir hinter dem Guide den Berg hinunter, wobei Schlaglöcher, Wellen und Sandlachen die Abfahrt interessanter machten. Mit Adrenalin vollgepumpt und einem zerstörten Reifen am Fahrrad kam ich unten an, nach kurzem Warten auf den Rest der Gruppe, der die Aussicht dem Adrenalin vorzog und einem Reifenwechsel fuhren wir bis ganz aus dem Nationalpark hinaus, wobei zwischendurch eine Herde Wildpferde unseren Weg kreuzte.

Nach dem Verladen der Bikes machten wir uns mehr oder weniger erschöpft im Bus auf die Rückreise nach Quito, wobei uns der versprochene Schokoladenkuchen jedoch versagt blieb. Unterwegs hatte ich noch die Möglichkeit mein nie vorhandenes Italienisch nochmal aufzufrischen, während ich mich mit den beiden Italienerinnen unterhielt, die irgendwie über den ICYE noch zu uns gestoßen waren.
Fazit: Gletscherbedeckte Vulkane sind was Tolles und Italienisch = Spanisch.

PS: Bilder der letzten Ausfluege stehen auf Picasa

Die Jadelagune von Quilotoa

Kaum zurück in Quito angekommen, lud mich Paul auch schon fürs folgende Wochenende ein. Es sollte in die Indígena-Kommune Peribuela gehen, ein ganzes Stück im Norden von Quito, wo Pauls Chef Stuart ein Wiederaufforstungsprojekt leitet.
Stuart, ein 36jähriger Engländer, der, aus dem Modebusiness kommend, die Ruhe und einfache Arbeit auf einer ecuadorianischen Farm vorzieht, hat sich zum erklärten Ziel gemacht, in seinem Leben 100.000 Bäume zu pflanzen. Davon ist er zwar momentan mit 2500 Bäumen noch recht weit entfernt, aber man hilft ja wo man kann...
Also traf ich pünktlich zum Wochenende auf der Farm ein und nach kurzer Aushilfe im Gemüsegarten der Freiwilligen, machten Paul, Stuart und ich uns auf den Weg nach Peribuela, 630 in der Baumschule großgezogene Bäumchen im Gepäck. Nach drei Stunden wackliger Fahrt auf der Ladefläche eines Pickups zwischen hunderten kleiner Bäume und einem Zwischenstop in Cotacachi, kamen wir auch irgendwann im Gemeindehaus der Communa an. Hier begrüßte uns schon bald der alte Geronimo, seines Zeichens Organisator der Leute aus der Kommune, welche uns beim Pflanzen helfen sollten.
Mit deren Hilfe brachten wir am nächsten Tag nach einer angenehmen Nacht in den Betten des Gemeindehauses und dem leckeren Essen von Lola, Geronimos Frau, alle mitgebrachten Bäume in die Erde und ich kann jetzt stolz von mir behaupten, eigenhändig 81 Bäume gepflanzt zu haben. Zwar wurden die vorgesehen Löcher für die Bäume von den 12 Gemeindemitgliedern gegraben, welche uns vorausgingen, aber irgendjemand muss ja auch fürs Pflanzen zuständig sein.
Zufrieden, wenn auch sonnenverbrannt und kaputt aßen wir noch mit der Gemeinde zu Mittag, bevor wir unsere weiteren Reisepläne in die Tat umsetzten.

Comunas en Ecuador: Sind teilweise vom Staat unabhaengig. Das liegt daran, dass die von Indìgenas dominierten Gemeinden sich selbst verwalten wollen und im Zuge der Landaufteilung ohnehin in den Besitz einen Grossteils des Landes gekommen sind, das zuvor den reichen Grossgrundbesitzern zugesprochen war. Aus dieser selbststaendigen Verwaltung geht die Steuerfreiheit der Kommunen hervor, was auf der anderen Seite eine nur aeuerst geringe Unterstuetzung bei oeffentlichen Projekten zur Folge hat. So muss die Gemeinde beispielsweise alle Materialien fuer den Strassenbau selbst kaufen und erhaelt nur geringe Unterstuetzung des Staates.

Denn die beiden Engländerinnen, mit denen Paul und ich auch schon in Loja unterwegs gewesen waren, hatten uns eingeladen, mit ihnen eine Tour durch die Provinz Cotopaxi zu machen und die Lagune Quilotoa zu besichtigen. Also ging es mit der Schwedin Elin im Gepäck auf in den Bus nach Quito, und von dort weiter nach Latacunga, der Hauptstadt der Provinz Cotopaxi.
Am Morgen hatten wir noch in größter Hitze Bäume gepflanzt und kamen noch am selben Abend reichlich erschöpft im eisigen Latacunga an. Glücklicherweise hatten Safran und Lottie schon ein hervorragendes Hotel ausfindig gemacht, wo wir für $7 eine Juniorsuite zu dritt belegen und deren Badezimmer als Tanzsaal benutzen konnten. Trotz der komfortablen Unterkunft luden wir nur unser Gepäck ab, tauschten kurz Neuigkeiten mit den beiden Mädels aus und dann ging es zum Essen in die nächste Pizzeria.
Nach dem sättigenden, europäischen Essen mussten wir uns für diesen Abend leider von Elin verabschieden, die sich mit Kopfschmerzen und Fieber ins Bett verabschiedete. Zu viert suchten wir noch eine Bar auf, wobei sich Latacunga jedoch als ziemliche Enttäuschung erwies. Außer der typisch ecuadoriansichen Salsa-Reggaeton-Tanzbar war nichts aufzufinden. Zwar bekamen wir auf der Suche noch eine Einladung für eine billige Absteige in der schlechte Livemusik gespielt wurde, das mussten wir jedoch dankend ablehnen.

Am nächsten Tag ging es früh im Bus nach Zumbahua, dem kleinen Dorf, welches am nächsten an der Kraterlagunge Quilotoa liegt. Diese Lagune ist in ganz Ecuador für ihre jadegrüne Farbe berühhmt und zählt zu den schönsten von ganz Ecuador. Nach der zweistündigen Busfahrt nach Zumbahua stiegen wir ins gemietete Camioneta um, das uns rasch zur Lagune fuhr. Unterwegs gab es ein kurzes Fotoshooting in der zerklüfteten Canyonlandschaft, bevor wir den Kraterrand erreichten.
Einige hundert Meter unter uns breitete sich die grünglänzende Lagune, wie ein gigantischer Jadekristall aus. Während zwei der Mädels beschlossen, die Aussicht von oben zu genießen, machten Safran, Paul und ich uns an den Absttieg bis hinunter zum See. Hatten wir oben am Kraterrand sogar noch mit Winterjacke und Handschuhen gefroren, wurde es zunehmend wärmer, bis wir am Wasser sommerliche Temperaturen spürten. Rasch zogen Paul und ich uns um und sprangen in das eisige, schwefelhaltige Wasser der Lagune. Nach dieser Abkühlung und dem Verzehr des mitgebrachten Brotes fühlten wir uns gestärkt genug, den Aufstieg von etwa 300 Höhenmetern in Angriff zu nehmen. Paul immer vorweg kamen wir schließlich keuchend und schwitzend wieder oben an und begannen im eisigen Höhenwind sofort zu zittern.

Rasch hüllten wir uns in die dicke Kleidung, schwangen uns auf die Ladefläche des wartenden Pickup und erreichten rasch den Ausgangspunkt Zumbahua. Rasch fanden sich einige freundliche LKW-Fahrer, welche uns bis nach Latacunga brachten. Von hier ging es im nächsten Bus zurück nach Quito und in die Heimat...

Dienstag, 3. März 2009

Karneval in Ecuador – bedeutete für Paul und mich weniger Wasser in den Stiefeln und Hühnerscheiße auf dem Kopf (wie ein ecuadorianisches Sprichwort besagt), als vielmehr ein verlängertes Wochenende mit vier freien Tagen zum Reisen.
War unser Plan zunächst noch gewesen, die Karnevalsfeiern in Ambato oder Latacunga zu begehen und uns die „Fiestas de frutas y flores“ in Ambato anzuschauen, schwenkten wir dann doch noch auf eine Reise in den tiefsten Süden Ecuadors um.

Von unserem Reiseführer neugierig gemacht, der mit Sprüchen wie „Allein für diese Landschaft könnte sich für so manchen der Flug nach Ecuador gelohnt haben“ in den Süden lockte, wollte wir die langen Feiertage für die noch längere Reise in die Südprovinz Loja wagen.
So ging es dann trotz zahlreicher Routenschließungen aufgrund anhaltender Regenfälle am Freitag Abend im guten alten Panamericanabus auf nach Loja.
Auch wenn hin und wieder kurze Straßensperrungen auftraten, da Erdrutsche beseitigt werden mussten, kamen wir mit nur einer Stunde Verspätung am nächsten Tag in der Provinzhauptstadt Loja an. Da wir noch auf zwei Engländerinnen warten wollten, die Paul auf der Farm kennengelernt hatte und sich ebenfalls im südlichen Bereich Ecuadors umschauen wollten, nutzten wir die Zeit bis zu ihrer Ankunft für eine Stadtbesichtigung – gut - und einen Kaffee – schlecht- .
Die Stadt Loja, welche schon auf der Busfahrt von heimkehrenden Einwohnern als „schön wie Cuenca“ gelobt wurde, hatte tatsächlich mit einigen schönen Parks und Kirchen aufzuwarten, wenn auch die Restaurierung der Häuser bei weitem nicht so großflächig durchgeführt wurde, wie in Cuenca.

Nach einem mehr oder weniger reichhaltigen Mittagessen wollten wir noch den botanischen Garten von Loja besuchen, stiegen ins Taxi ein, unterhielten uns auf der Fahrt kurz mit dem Fahrer über den botanischen Garten und ... Mussten am Ziel feststellen, dass geschlossen war. Wäre natürlich zu einfach gewesen, uns davon bei Fahrtbeginn in Kenntnis zu setzen, aber dann hätte man ja auch ein Geld mehr verdient.
Also nahmen wir den Fußweg zurück und trafen schließlich die Mädels am Busterminal, um uns gleich auf die Weiterreise nach Vilcabamba zu machen.

Vilcabamba: Das Tal der Langlebigen, wie es in Ecuador auch genannt wird, liegt nur einige Dutzend Kilometer von der peruanischen Grenze entfernt und ist für sein mildes Klima und die spektakuläre Andenlandschaft der Umgebung bei Touristen beliebt. Zudem hat das kleine Städtchen mit Einwohnern von ungewöhnlich hohem Alter aufzuwarten, wobei das Rekordalter von 128 Jahren erreicht wurde. Neben diesen Fakten und freundlichen Einwohnern, hat Vilcabamba aber recht wenig zu bieten, sieht man mal von der nicht alten aber schön hergerichteten Kirche im Ortskern ab.

Hier mussten wir zunächst zu unserem Entsetzen feststellen, dass der billigste Raum zum Übernachten gute $12 kosten sollte, konnten dann aber schließlich unter Mithilfe einiger freundlicher Holländer doch noch einen für $5 ergattern. Entgegen unserer Vermutung, in Loja weitgehend vom allgemeinen Karnevalstourismus verschont zu bleiben, trafen wir hier Gringos an jeder Ecke und mussten uns vollkommen durchnässt und mit farbigem Schaum besprüht mit einem Essen an einem Straßenstand zufriedengeben.
Entgegen der Befürchtung war das Essen aber wirklich lecker, wenn auch teuer, und ließ auch keinen von uns den Rest des Abends auf der Toilette verbringen. Ganz im Gegensatz wurden Abends noch die Kings-Karten ausgepackt und einige Bier vernichtet, bevor es zu Bett ging.
Und am nächsten Morgen war mir auch klar, warum unsere Unterbringung so billig gewesen war.
Denn genau über meiner - natürlich offenen – Tasche, hatte die Decke ein Loch und es hatte reingeregnet, so dass ich morgens um 7 Uhr quer durch Vilcabamba stiefeln durfte, um meine gesamte Wäsche für eine Stunde in den Trockner schmeißen zu können.
Einigermaßen genervt von diesem Zwischenfall besuchten wir noch die Kirche des Ortes, wobei das einzig Erwähnenswerte jedoch der halbfanatische Alte war, der uns einiges über die Heiligen des Ortes und ihre Verehrung erzählte.

Kaum war die Wäsche getrocknet und der Alte abgewimmelt, machten wir uns auch wieder auf den Rückweg nach Loja, um von dort nach Zamora weiter zu reisen. Zamora, Hauptstadt der Provinz Zamora-Chinchipe, lockte mit dem Nationalpark Podocarpus und so machten wir uns auf die zweistündige Bustour.
Angekommen informierten wir uns kurz über den Weg in den Nationalpark, suchten ein Hostal und aßen in einem sehr weißen Lokal zu Abend, wobei unser Essen jedoch nicht in diesem Restaurant zubereitet, sondern aus Anderen importiert wurde. Belustigt sahen wir also die Besitzerin mit den Essensboxen zur Tür hereinkommen, hinterm Tresen verschwinden und nach einigen Sekunden auf wundersame Art mit unserem Essen wieder auftauchen.
Gesättigt und zufrieden ging es zeitig ins Bett, um am nächsten Morgen früh in den Nationalpark zu fahren. Schnell war ein Pick-Up gefunden, der uns günstig hinfuhr und wieder abholte. Vor Ort konnten wir dem Parkwärter gekonnt glauben machen, wir wären alle Studenten in Ecuador und hätten damit die $2 für Ecuadorianer und nicht die $10 für Ausländer als Eintrittsgebühr zu bezahlen. Ein Glück, denn ich hatte glatt meinen Censo im Hotel vergessen und wäre damit wohl kaum billiger reingekommen...

Censo: Der Censo, als „ecuadorianischer Personalausweis für Ausländer“ wird nur bei längerem Aufenthalt in festem Wohnsitz ausgestellt. Mit diesem ist man für alle Belange als Ecuadorianer zu behandeln, was sich bei uns hauptsächlich in Eintrittspreisen für touristische Plätze niederschlägt.

Wir genossen den Tag in freier Natur mit großen Schmetterlingen, Wasserfällen und dem 800 Meter weiten Aufstieg auf einen Aussichtspunkt, wobei die Steigung geschätzte 45 Grad betrug und ich mich dank meiner profillosen Schuhe mehr als einmal im Schlamm wälzte.
Doch der Schlamm ließ sich in den Wasserfällen wieder gut abwaschen und so ging es mehr oder weniger sauber wieder zurück ins Hotel, um zu duschen und sich an die Weiterreise zu machen.

Denn für Paul und mich stand noch der Besuch von Zaruma auf dem Plan, der größten Goldförderstadt von Ecuador, während sich die beiden Engländerinnen auf den Weg nach Cuenca machen wollten.
So trennten wir uns am Terminal von Loja und kamen alleine zu zweit abends in Zaruma an.
Dazwischen lag jedoch die abenteuerlichste Busfahrt meiner gesamten Ecuadorreise. Denn die Verbindungsstraße aus der im Hochland gelegenen Stadt Loja und der auf der andren Seite der Anden gelegenen Stadt Zaruma ist alles andere als gut ausgebaut. Die durch die andauernde Regenfälle noch weiter verschlechterte Straße war teilweise zu schmal, um zwei Fahrzeuge nebeneinander durchzulassen.
Auch hatte man in so mancher Kurve den Eindruck, als würde ein Rad in der Luft schweben und die restlichen nur von dem zähen Schlamm auf der Straße in der Spur gehalten. Nach sechs Stunden zähem Vorankommen, wobei selbst die eine oder andere Bachdurchquerung ohne Brücke mit dabei war, erreichten unser Ziel.

Zaruma: Die Goldgräberstadt im südlichen Teil Ecuadors kann mit einer langen Tradition der Schürferei aufwarten. Die älteste Mine wurde schon im 16. Jhd. von den Spaniern ausgebeutet und selbst die zuvor hier ansässigen Canari-Indianer sammelten das gelbe Metall schon aus den Flussläufen. Doch auch wenn Zaruma heute dank der Goldvorkommen eine reiche Stadt ist, hat der begehrte Stoff nicht nur Gutes mit sich gebracht.
So verpflichteten die Spanier alle arbeitsfähigen Indigenas der Region zur Arbeit in den Minen, wobei die Lebenserwartung eines Minenarbeiters damals jedoch nicht bei mehr als 5 Jahren lag. Die aussichtslose Lage der Indigenas, sowie die brutale Ausbeutung und an Sklaverei erinnernde Haltung der Arbeiter durch die Spanier führte nach einiger Zeit zu kollektiven Selbstmorden von bis zu 100 Arbeitern in den Minen und der Abtreibung sämtlicher Kinder durch die Indigenafrauen. Während der spanischen Herrschaft über diese Region wurde so die gesamte ursprüngliche Bevölkerung ausgelöscht – Schätzungen gehen von einer Zahl von etwa 30.000 Menschen aus – und damit auch die Grundlage für die vollkommen weiße, heutige Bevölkerung der Region gelegt.
Diese fördert weiterhin das Gold aus den reichhaltigen Adern der Berge, wobei sich das Stollennetz mittlerweile über 12 Ebenen mit jeweils 30 Metern Abstand voneinander unter der ganzen Stadt und Umgebung erstreckt.


In Zaruma waren wir beide vollkommen begeistert vom Stadtbild und wanderten einige Zeit durch die architektonisch sehr schöne Goldgräberstadt, der man ihren Reichtum anmerkte. Besonders interessant waren die Holzarbeiten der Stadt. Sowohl die tragenden Säulen der Hausbalkone, als auch die systematisch verschachtelten Türen sind aus einem lokalen Holz gemacht, das sehr interessant bearbeitet und bemalt wird.

Den nächsten Morgen nutzten wir für den touristischen Rundgang in Zaruma und Umgebung, besichtigten mit dem hervorragenden Tourismusbeauftragten der Stadt eine Goldmine und bekamen dabei noch einen Haufen Informationen über Stadt, Umgebung und Geschichte zugeliefert, machten im Anschluss eine Tour zum 120 Meter hohen Wasserfall von Guaiquichuma und besuchten die Süßigkeiten herstellenden Dona Clemé.
Während der ganzen Reise mussten wir feststellen, dass die Karnevalszeit nicht gerade touristenfreundlich ist. Nicht nur, dass es keine öffentlichen Verkehrsmittel gab, wurde auch rücksichtslos ausgenutzt, dass die zwei Gringos auf den angehaltenen Caionetas auf der Ladefläche mitfuhren. Immer wieder kamen Wasserbomben geflogen, wurde mit dem Schlauch der Pick-Up samt Passagieren gewaschen und wurden ganze Wassereimer über unseren Köpfen ausgeleert.

Doch die Ziele waren diese Unannehmlichkeiten allemal wert. Der beeindruckende Wasserfall mit dem unaussprechlichen Namen, der uns am Ziel von drei verschiedenen Mitfahrgelegenheiten und einem gecharterten Camioneta erwartete machte einen schier atemberaubenden Eindruck.
Die anschließend besuchte Süßigkeitenherstellung machte dagegen zwar nicht so viel her, hatte dafür aber mit gutem Geschmack und leckerem Kaffee aufzuwarten.
Nach diesem guten Tag war es auch nur halb so schlimm, dass wir keinen Direktbus aus Zaruma zurück nach Quito fanden, sondern über die Küstenstadt Machala zurückkehren mussten. Hier hatten wir dann aber auch einen recht gut ausgestatteten Bus zur Hälfte für uns allein und so kamen wir recht ausgeruht am nächsten Tag pünktlich in der Heimat an...