Montag, 22. September 2008

Mindo oder „Grün, Grün, Grün ist alles was ich seh'“

Sonntag war wieder Zeit für ein Unternehmen mit der Gruppe Freiwilliger unter Kommando von Gina, auch wenn einige von uns vorher Fahnenflucht begingen.
Mit einem gemieteten Kleinbus machten wir 12 uns dann auf den Weg zu unserer ersten Reise aus der Sierra, dem Andengebiet Ecuadors heraus Richtung Dschungel.
Auch wenn wir nicht ganz im Regenwald ankamen, reichte es immerhin bis in den Nebelwald von Mindo. Schon auf der zweistündigen Fahrt konnte man die Landschaft dabei beobachten, wie sie sich stetig und im passenden Verhältnis zur Temperatur veränderte. Immer grüner und grüner wurde der Blick aus dem Fenster, bis wir schließlich im Ort Mindo ankamen, mitten im Nebelwald, der seinen Namen auch nicht ohne Grund trägt.
Hier herrschten geschätzte 90% und gefühlte 150% Luftfeuchtigkeit, so dass wir uns alle schon auf das versprochene Bad im Wasserfall freuten. Doch zuvor ging es zum berühmt-berüchtigten Ziplining über die Bäume des Nebelwaldes hinweg.
Auf gut Deutsch hieß das für uns Freiwillige: Mit Bergsteigergurt und nicht mehr als zwei simplen Haken an einem vertrauenerweckend dünnen und rostigen Drahtseil befestigt eine Seilbahnfahrt nach der anderen über den subtropischen Wald hinweg zu unternehmen. Doch spätestens nach der zweiten Fahrt mit unglaublichem Blick auf das Grün des Waldes, durchzogen von schmalen silbernen Flüssen war das Vertrauen jedes Freiwilligen in die ecuadorianische Technik gewonnen und wir ließen uns sogar mit Begleitung der Guides zu weiterem Nervenkitzel am Seil hinreißen, wie dem „Mariposa“ (Kopfüber-hängend, mit gespreizten Armen und Beinen einen Schmetterling imitierend) oder dem „Superman“ (der Name sagt alles, spricht man hier, wie ein Deutscher, der nie Englisch gehört hat).

Mit Adrenalin vollgepumpt und von dem Abenteuer begeistert verließen wir schließlich mit Hilfe der letzten und schnellsten Seilbahn das Gelände und machten uns in unserem treuen Gefährt auf die Nahrungssuche. Das fanden wir auch schon bald in einem sehr westlich angehauchten Restaurant in Mindo, in dem es neben Hamburgern und Pommes für den Teil unter Entzug stehender Freiwilliger auch frischen Lachs aus den Flüssen Mindos gab, den ich nur empfehlen kann. Nach der kurzen Stärkung ließen wir uns dann zum Wanderpart des Nachmittages fahren.
Doch bevor wir damit beginnen konnten, den Nebelwald zu Fuß zu erkunden, mussten wir erst noch auf den gegenüberliegenden Berg übersetzen.
Und wie es sich für Mindo und Umgebung gehört, natürlich nicht mit dem Auto, sondern mit Hilfe einer Gondel, die per Drahtseil und Dieselmotor alle Wanderwilligen auf die andere Seite beförderte.

Nach dieser Fahrt 50 Meter über die Palmen und Schlingpflanzen hinweg machten wir uns schließlich auf den schmalen und schlammigen Pfaden des Nebelwaldes auf zu den Wasserfällen, für die Mindo berühmt ist. Zeitweise bewahrten uns nur algig-glitschige Seile davor, in den undurchsichtigen Nebelwald gleich neben dem Pfad zu fallen, von dem man nur wusste, dass es sehr weit nach unten gehen würde. Immer wieder hörten wir Vögel und auch andere Tiere, ohne jedoch auch nur einmal eines zu Gesicht zu bekommen. Nur das Rascheln im Gebüsch und die plötzliche Bewegung der Äste eines Baumes zeugten von der Anwesenheit der Tiere. Doch was an Tieren fehlte, machte die Natur locker wett.
Unglaublich viele verschiedene Pflanzen zogen die Blicke auf sich, das Grün immer wieder durchbrochen von den Blüten der hier wachsenden Blumen. Jeder Baum ist behangen mit Moos, Flechten und Schlingpflanzen, welche die Sicht neben dem freigehackten Pfad unmöglich machten.
Doch trotz der Schönheit dieses Teils von Ecuador und der Tatsache, dass er als einer der artenreichsten Orte der Welt gilt und als offizielles Naturschutzgebiet Ecuadors deklariert ist, verhindert es nicht, dass wir an vielen Ecken Müll fanden. Und das trotz der aufgestellten Mülleimer.
Doch das mangelnde Naturschutzbewusstsein der Ecuadorianer in dieser Hinsicht wäre noch nicht so tragisch, wenn man nicht wüsste, dass die größte Ölpipeline Ecuadors sich ihren Weg mitten durch dieses ökologische Gebiet schneidet.

Diese tristen Gedanken wurden jedoch weggespült, als wir die Wasserfälle erreichten. Und uns prompt ins Wasser stürzten, dass sogar eine angenehme Temperatur besaß. Bei dem Versuch den Wasserfall schwimmend zu erreichen, sind wir jedoch alle gescheitert, was jedoch weniger an unseren -besonders meinen- nicht vorhandenen Schwimmkünsten lag, sondern vielmehr an der unglaublichen Gewalt des herabstürzenden Wassers.
Nass und geschafft, jedoch glücklich und begeistert machten wir uns anschließend auf den Rückweg, über nasse Hängebrücken und schlammige Pfade, bis es nach einer Rückfahrt mit der Gondel schließlich wieder Richtung Heimat ging. Hier machte auch der Nebelwald seinem Namen alle Ehre und bescherte unserem Busfahrer eine dicke Nebelsuppe, was diesen jedoch nicht davon abhielt, mit allem was das Auto hergab Richtung Quito zu brettern.

Einige gewagte Überholmanöver und schlechte Witze auf Englisch später erreichten wir das Terminal Rio Coca und ich verließ den Bus noch viel gespannter auf den hoffentlich bald folgenden Trip in den echten Regenwald des Oriente, denn: Wenn der Nebenwald schon so unglaublich schön ist, wie wird es dann erst im Dschungel?!

Bilder sind in Arbeit

Musik: In Extremo - Spielmannsfluch

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