Samstagmorgen.
Früh aufstehen um den international verkehrenden Ormeno-Bus in Quito zu erwischen.
Denn heute sollte es losgehen, endlich mal aus Ecuador raus, auf nach Kolumbien!
Die Informationen zur Sicherheit im Hinterkopf hatten wir uns gegen die geläufigen Überlandbusse entschieden, mit denen wir auf ecuadorianischer Seite bis zur Grenze und auf der anderen Seite dann bis nach Cali hätten kommen können. Der internationale Bus dagegen brachte uns in der Direktverbindung mit einem kurzen Zwischenstop an der Grenze direkt bis nach Bogotá.
Die Grenzüberquerung war erstaunlich einfach, vielleicht hatte ich es mir auch zu kompliziert vorgestellt. Ein Formular ausfüllen, Censo und Reisepass vorzeigen, einmal kritisch gemustert und dann das ganze Procedere nochmal auf der anderen Seite.
Kurz vor der Grenze waren wir von der ecuadorianischen Polizei komtrolliert worden, uns als weiße Touristen mit europäischen Pässen wurde dabei wenig Aufmerksamkeit geschenkt, nur der Kolumbianer mit argentinischem Pass musste einige Fragen über sich ergehen lassen.
Hinter der Grenze tauschten wir schnell ein paar Dollar in kolumbianische Pesos um, kauften Wasser und Brötchen für die Weiterreise, dann fuhr der Bus auch schon weiter. Macht man Sicherheit an Polizeipräsenz fest, hätten die folgenden Stunden jegliche Zweifel an der Reisesicherheit Kolumbiens ausräumen müssen, denn wir wurden unfassbare sieben Male kontrolliert. Manchmal in ausgewachsenen Straßensperren, an denen ganze Polizeitruppen die durchkommenden Fahrzeuge und ihre Passagiere kontrollierten, manchmal nur von kleinen Patrouillen, die rasch Dokumente und Rucksäcke durchsuchten.
Weder die eine, noch die andere Sorte von Kontrollen ging dabei jedoch allzu sorgfältig vor, was auch an unserem Touristenaufzug gelegen haben mag. Unsere Rucksäcke wurden nur in zehn Prozent der Fälle überhaupt geöffnet, beim Anblick der Flip-Flops kurz gegrinst und zum Nächsten übergegangen. Unser Busbegleiter dagegen musste sich gleich bei der ersten Kontrolle durch Zivilpolizei wegen einem ganzen Bündel Geld verantworten, das er mit sich herumtrug.
Niemand weiß, wie viele der Scheine den Besitzer wechseln mussten, um ihm die Weiterfahrt zu erlauben, doch besonders glücklich kehrte der kleine, dicke Peruaner nicht in den Bus zurück.
Von Kontrolle zu Kontrolle änderte sich auch das uns umschließende Land.
Waren kurz hinter der Grenze noch Andenpanorama und schnell fließende Bäche die prägende Landschaft gewesen, in der kleine, untersetzte Menschen lebten und die Häuser unfertig, ungestrichen wie an die steilen Hänge geklebt erschienen, fanden wir uns schon nach wenigen Stunden auf einer ebenen Straße wieder, den gekühlten Bus verlassend schlug uns gleich die drückende Hitze entgegen. Die Häuser waren mit mehr Liebe zum Wohnen gestaltet, keine rostigen Träger ragten aus den Dächern, in der Hoffnung die nächste Generation würde vielleicht weiterbauen. Palmen und subtropische Landschaft rahmten die gerade, ordentlich asphaltierte Straße ein, während die schon beinahe europäisch-großen Menschen ihrem Tagesgeschäft nachgingen. Die ganze Atmosphäre, aufgebaute Mangostände, Sonnenschein und freundliche Menschen brachten mich so richtig in Urlaubsstimmung, während Cumbia den Bus beschallte und ich unsere Ankunft kaum erwarten konnte.
Als wir nachts um 2 Uhr in Cali ankamen, eigentlich als erstes Ziel unserer Reise geplant, doch durch einen gelungenen Bestechungsversuch an den Busfahrer vereitelt, waren die kurzen, durchs Fenster erhaschten Eindrücke westlich und sauber. Bald wieder eingeschlafen, erreichten wir am nächsten Tag endlich Bogotá, das erste Etappenziel auf unserer Reise. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir schon 750 km und 30 Busstunden der Reise hinter uns gebracht.
Am Terminal erwartete uns schon die nächste Überraschung. Zunächst war das Terminal nicht allgemein zugänglich, betreten und verlassen konnte man es nur durch kontrollierte Zugänge. Dadurch waren alle lästigen fliegenden Händler nach draußen verbannt, innen gab es nur lizensierte Stände, mit genormten Preisen. Das Terminal verlassend, um mit einem Taxi zum Hostal zu fahren, wurden wir am Ausgang aufgehalten und erhielten ein Zettelchen mit Zielort und genauem Preis für das Taxi in die Hand gedrückt. Betrug ausgeschlossen.
Weiter ging es mit dem Erstaunen, als wir durch das offensichtlich geplante Bogotá fuhren, in dem nicht an jeder Ecke halbfertige Gebäude aus dem Boden sprossen, einheitliche Farbgebung und Sauberkeit auf einen Stadtplaner schliessen ließen und alles ein wenig nach Cuenca roch.
Bald hatten wir unsere erste kolumbianische Unterkunft erreicht, die Backpackerherberge “Platypus” im historischen Stadtteil Bogotás, welche mit Europäern und Amerikanern geflutet war. Internet im Haus und Gratisfilterkaffee überzeugten uns trotz recht hohem Preis zum Bleiben.
Der Rest des Nachmittages wurde mit Essen und einem kurzen Streifzug durch die Straßen der Hauptstadt verbracht, wobei jedoch außer dem ordentlichen Stadtbild nichts besonders auffiel. Auf der Suche nach dem historischen Stadtzentrum wurden wir enttäuscht oder suchten vielleicht am falschen Ort. Schön restaurierte koloniale Gebäude suchten wir zumindest vergebens und kehrten bald wieder ins Hostal zurück. Während des Rundganges hatten wir gleich noch das leidige Geldproblem erledigt und den nahen Automaten leergeräumt. Rasch wurde eingekauft und die Küche in Beschlag genommen. Selber kochen im Namen des Geldsparens.
Abends gingen wir aus, doch unser Plan, die Ankunft in Kolumbien ordentlich zu feiern machte der Sonntagabend zunichte. Im Partyzentrum der Stadt mit !Acht Millionen Einwohnern! waren außer einigen Mittdreißigern, die sich ruhig ein Bierchen tranken nichts anzutreffen. Schließlich kamen wir in der „Colombia Beer Company“ unter, in der es interessant schmeckendes Bier zu probieren gab. Nach weiterem Herumsuchen gaben wir den Abend schließlich verloren und kehrten unverrichteter Dinge wieder ins Hostal zurück. Nach 30 Stunden Busfahrt fielen wir dann auch alle nur noch ins Bett, glücklich endlich ordentlich schlafen zu dürfen...
Den nächsten Tag in Bogotá verbrachten wir wieder mit Stadtrundgang und einem Ausflug auf den nahen Aussichtspunkt, der nur über eine Schienenbahn zu erreichen war. Von dort war das gigantische Stadtpanorama von Bogotá zu überblicken, das sich rotbraun unter uns erstreckte.
Doch schon bald trieb es uns wieder weiter, immer Richtung Karibik.
Santa Marta und das nahe Tauchtouristenörtchen Taganga sollten unser nächstes Ziel sein. Mit dem nahen Nationalpark Tayrona, in dessen verwilderten Tiefen die „Ciudad Perdida“, die verlorene Stadt, begraben liegt und dem Ruf, wunderschöne Strände zu besitzen schien uns diese Gegend ideal. Nach einer weiteren Nacht im Bus und mehrfachem Umsteigen in der brütenden, staubigen Hitze der nahen Karibik, fuhren wir im Taxi über die kurvige Straße nach Taganga hinunter. Noch auf der anderen Seite des Hügels riefen wir uns alle noch einmal die Postkarten in Erinnerung, die sich gleich in Realität vor uns ausbreiten sollten. Weißer, palmengesäumter Strand vor blauem, kristallklarem Wasser, in dem mit etwas Glück auch mal ein Delfin zu entdecken war.
Dann erreichten wir die Hügelkuppe und – die ganze Seifenblase platzte.
Unter uns lag ein stinknormales Meer, das man genauso auch am Pazifik hätte finden können, von Palmen keine Spur und der Sand machte auch keine Anstalten, weiß in der Sonne zu leuchten.
Als wir wenig später am Strand standen, der zum Teil auch noch als Bauschutthalde herhalten musste, war es schon fast zum Heulen, sich umzuschauen und das griechische Panorama der verbrannten Hügel über dem trüben Wasser zu erblicken.
Enttäuscht wandten wir uns also erstmal vom Strand ab, um eine Unterkunft zu suchen.
Trotz Nebensaison war die Hostalsuche nicht einfach, doch schließlich hatten wir ein Zimmer mit Klimaanlage und Kabelanschluss für einen ordentlichen Preis gefunden, in dem wir die nächsten Tage unterkommen konnten. Den Nachmittag im Hostal und am Strand vergammelnd, gingen wir abends im Strandrestaurant essen, dessen Highlight die unfassbare Type von Kellner war. Fragen nach einem weiteren Getränk wurden schonmal mit einem einfachen „No.“ abgeschmettert und zur Aufnahme der Bestellung setzte sich der Gute auch gerne zu den Gästen an den Tisch.
Nach diesem Abendessen teilte sich unsere Gruppe auf. Während Jakob im Hostal in der Gesellschaft einiger Backpacker zurückblieb, machten wir anderen uns, mal wieder durch Party-Kai angetrieben, auf nach Santa Marta. Den halben Abend mit lustigen spanischen Wörtern in einer Straßenkneipe verbringend, fanden wir auch an diesem Abend wieder keinen Ort zum Feiern und fanden uns kurz nach Mitternacht wieder im Hostal ein. Dort trafen wir auf die lustige Backpackergesellschaft, die fleißig zechend ihre Bierrunden beendete und sich bald nach uns auflöste.
Der folgende Tag ist kaum einer Erwähnung wert, lange Gespräche unter uns vier, ein kurzer Einkaufstrip nach Santa Marta, wo scheinbar Markttag und deshalb die ganze Stadt auf den Beinen war, abends dann noch die Bestätigung für den Tauchtrip am folgenden Tag und dann wurde der Rest des Abends vor Deutscher Welle verbracht und der Wirtschaftsjedi Dr. Sinn gefeiert, der in einer Talkshow sämtliche Proargumente für eine Opelrettung auseinandernahm (nicht, dass ich prinzipiell gegen eine staatliche Rettung von Opel wäre, aber es ist einfach gänzlich unwirtschaftlich).
Am nächsten Tag hieß es früh aufstehen, der Tauchkurs stand an. Aufgeregt ging ich mit Paul, der eine Lizenz besitzt und somit einen anderen Tauchgang machte, zur Tauchschule, wo ich jedoch zuerst einmal eine dreiviertelstündige Videoeinweisung anzuschauen hatte, bevor es endlich losgehen konnte. Mit dem Boot fuhren wir zum ersten Tauchspot, das heißt, zunächst zu einem seichten Strand, wo ich mit zwei anderen Tauchschülern und dem Lehrer abgesetzt wurde, um einige Trockenübungen zu machen, die Ausrüstung kennen zu lernen und langsam an das Unterwasserabenteuer herangeführt zu werden.
Es stellte sich ein kleiner Defekt an meiner Ausrüstung heraus, nicht schwerwiegend genug, um den Tauchgang unmöglich zu machen und dann, nach einem letzten gegenseitigen Equipmentcheck fand ich mich auf einmal auf dem Boden des Meeres wieder. Zischend füllten sich meine Lungen mit Luft, jede meiner Bewegungen wie in Zeitlupe schaute ich mich um, registrierte die eingeschränkte Sicht durch meine Taucherbrille, beobachtete die schillernden Luftblasen, die meiner Maske entwichen und gen Wasseroberfläche taumelten. Dann wiederholten wir die zuvor am Strand durchgeführten Übungen noch einmal unter Wasser. Was tun, wenn die Maske weg ist. Dem andern Luft aus der eigenen Flasche geben, schließlich noch den idealen Auftrieb finden, um einen knappen Meter über dem Meeresboden im Wasser zu schweben.
Wie nichts verging die Zeit, die Luft, für etwa 40 Minuten eingeplant wurde knapp und so ging es zurück an den Strand.
Abgeholt wurden wir dort bald wieder von dem Boot, das uns zum Mittagessen in die schuleigenen Cabanas brachte, wo wir auch wieder auf die anderen Taucher trafen. Nach einer kurzen Unterhaltung und Erfrischung machten wir uns alle gemeinsam zum zweiten Tauchgang auf.
Dieser war freier, da wir die Grundlagen nun kannten und uns ganz auf die Erforschung dieser neuen Welt unter Wasser konzentrieren konnten. Diesmal ging es deutlich tiefer, leichte Druckprobleme auf den Ohren zeugten davon.
Doch dafür gab es unglaublich viel zu sehen.
Korallenäste, zwischen denen bunte Fische hin und her huschten. Große Schwärme, die sich wie von einer Hand gesteuert im absoluten Gleichklang bewegten. Rochen, die fast unsichtbar durch ihre Musterung über den Sand glitten und dabei wie organische UFOs aussahen. Ein kleiner Kugelfisch, der sich prompt zu einem stachligen Ball aufpumpte, als wie uns näherten und das Ende eines gigantischen Aals, das unter einigen Felsen hervorschaute.
Staunend durchschwammen wir diese wunderbare, fremde Welt und folgten nur ungern der Aufforderung unseres Tauchlehrers, wieder an die Oberfläche zurückzukehren.
Der Nachmittag war nach der Rückkehr abwechselnd Internet und Kais Magellanbuch gewidmet, das ich in diesem Urlaub noch beenden wollte. Abends gab es für Paul und mich nur noch die Deutsche Welle, bevor wir, für Jakob und Kai unverständlich, früh ins Bett gingen.
Sonntag, 7. Juni 2009
Freitag, 17. April 2009
Die Brennnesselflagellanten von Cuyabeno
Endlich, endlich, endlich sollten wir also das letzte Klimagebiet Ecuadors kennenlernen.
Nach zweiwöchiger Rundreise entlang der Küste und zahlreichen Ausflügen zu Indígena-Märkten und Großstädten der Sierra hatten wir uns für die Osterferien einen Ausflug in den ecuadorianischen Dschungel vorgenommen.
Mit einer Reiseagentur aus einer recht entfernten Stadt, die uns bei einem Besuch dort schon ein günstiges Angebot für eine fünftägige Dschungeltour gemacht hatte ging es also Mittwochabend im Bus nach Osten.
In den Osten, wo der grüne Oriente uns mit seinen Urwaldriesen und mäandernden Dschungelflüssen erwarten sollte und nahe der kolumbianischen Grenze die FARC ihre Drogenplantagen hat. Wo skrupellose Ölfirmen aus aller Welt die ecuadorianischen Ölvorkommen ausbeuten und nichts als zerstörte Natur und Schwerölteiche zurücklassen.
In eines der artenreichsten Gebiete der Welt, eines der soldatenreichsten Gebiete Ecuadors, eines der Gebiete mit den meisten Menschenrechtsverletzungen in diesem Land.
Nach zwei endlos erscheinenden Stunden Warten am eisigen „terminal terrestre“, dem größten Busbahnhof von Quito, konnte es endlich losgehen und nach einer beständig wärmer werdenden Busfahrt stiegen wir am nächsten Morgen im schwül-warmen Lago Agrio aus dem Bus. Quasi direkt begannen wir zu schwitzen und schwangen uns auf ein Pick-Up-Taxi zum verabredeten Treffpunkt „Hotel de Mario“, wo uns unser Führer schon erwartete. Nach kurzem Zwischenfrühstück in der Panadería (Bäckerei) und langem Warten auf die Buseta, die uns bis ins Naturschutzgebiet selbst hineinbringen sollte, begann die Reise durch den Oriente. Auf einer breit ausgebauten Straße, die besser instand gehalten zu werden scheint, als die Panamericana fuhren wir immer begleitet von der die Straße säumenden Pipeline tiefer und tiefer in den Oriente hinein. Kaum Bevölkerung war auszumachen, auch wenn die Straße von breiten, bebaubaren Flächen gesäumt wurde. Von Primärurwald keine Spur, hin und wieder waren in einiger Entfernung einige Flecken von Sekundärwald zu beobachten, die jedoch mehr an den Wald der ecuadorianischen Küste erinnerten, als an Amazonasdschungel.
Endlich, nach drei Stunden Fahrt, hatten wir das Naturschutzgebiet Cuyabeno erreicht.
Wir hielten an einer Brücke über einen breiten, brackigbraunen Fluss, die Pipeline verschwand auf der anderen Seite im dichten Wald, der sich endlich vor uns auftürmte. Die hier wartenden Regierungsbeamten, ein ziviler Schreiberling und zwei Marinesoldaten, ließen uns nach längerer Diskussion unseres Führers auch tatsächlich mit Censo zu ecuadorianischen Preisen in den Nationalpark. So aßen wir in einem holzgezimmerten Restaurant schnell zu Mittag, bevor wir in das nächste Transportmittel umsattelten: Der motorisierte Einbaum wartete schon voll beladen auf uns, als wir mit gefülltem Magen die Weiterreise antreten wollten.
Mit Rettungswesten ausgestattet und dem gerade erworbenen Eintrittsticket bewaffnet setzten wir fünf uns noch etwas skeptisch in das schmale, wackelige Boot und wurden von unserem Fahrer begrüßt, der uns für die nächste Zeit Tag und Nacht begleiten sollte. Dann ging das Dschungelabenteuer los. Mit knatterndem Motor fuhren wir den Fluss hinunter, die Pipeline abgelöst von breiten Lianen, die sich die Bäume hinaufhangelten und fremdartigen roten Blumen, die das Schilf am Uferrand krönten. Immer wieder stiegen Schwärme von tropischen Vögeln auf, die leuchtend gelben Schwänze leuchteten im Sonnenschein. Gigantische, mit dünnen Lianen, wie Bärten geschmückte Urwaldriesen erhoben sich wie Wächter links und rechts des Flusses, das tiefgrüne Dickicht zwischen ihren Stämmen ließ keinen Blick hindurch. Wir waren noch ganz in den Anblick der schmarotzenden Orchideen vertieft, die auf den Stämmen der über den Fluss geneigten Bäume blühten, als plötzlich der Motor erstarb und wir über das Wasser gleitend zum Stillstand zeigten. Unser Fahrer bedeutete uns still zu sein und zeigte die Bäume hinauf, wo wir zunächst nichts zu entdecken vermochten.
Dann kam plötzlich Bewegung auf und eine Affenhorde schwang sich in den Baumwipfeln umher, die Guaba-Frucht aufbrechend und essend. Begeistert beobachteten wir die Kapuzineräffchen bei ihrem Festmahl, was diese uns damit dankten, die Fruchtkerne nach dem Kanu zu werfen. Lachend machten wir uns wieder auf den Weg, kamen an einigen anderen Dschungellodges vorbei und erreichten schließlich nach insgesamt drei Stunden Bootsfahrt unsere eigene Unterkunft.
Hier wurden wir von der ganzen Familie des Tourveranstalters begrüßt, konnten uns in einem riesigen Holzpavillon einquartieren, auf dessen Boden bettgroße Moskitonetzzelte aufgebaut waren, die mit Matratzen ausgelegt waren und sich als erstaunlich bequem erweisen sollten. Nach der Versicherung des Guides, dass ein Bad im Fluss vollkommen ungefährlich wäre, stürzten wir uns in die kühlen Fluten, um auf die anschließende Frage, ob es denn hier gar keine Piranhas gäbe, nur ein verständnisloses „Natürlich gibt’s die!“ zu ernten. Wie uns der Guide erklärte, greifen diese aber nur unbewegliche oder blutende Ziele an und das Anakondarisiko wäre momentan auch recht gering. Einigermaßen geschockt begingen wir das erstaunlich reichhaltige Abendessen, um danach zur ersten Dschungeltour aufzubrechen. Im nachtschwarzen Dschungel mit Taschenlampen unterwegs wanderten wir in Gummistiefeln über den erstaunlich trockenen Pfad, stiegen über morsche Stämme und bekamen zahlreiche Insekten zu sehen.
Von hübschen Schmetterlingen über den Ästen gleichenden Heuschrecken bis zu handtellergroßen Spinnen konnten wir einiges beobachten und durften auch noch unsere Nachspeise probieren: Zitronenameisen, die ihrem Namen alle Ehre machten und einen süßlichsauren Geschmack hatten.
Nach dem Vorstellen erster Dschungelheilpflanzen kamen wir zurück ins Camp, pflückten uns noch eine Naranjilla zum Essen und legten uns ins Bett, um für den nächsten Tag gestärkt zu sein.
Daraus wurde jedoch so schnell nichts, da sich Motorista und Guia Victor ebenfalls unter dem palmgedeckten Dach einquatriert hatte. Kurze Zeit nachdem wir uns schlafen gelegt hatten leuchtete auch schon die Kontrolllampe herum, wurden die Kerzen ausgeblasen und die Köchin des Camps ins Zelt geholt, woraufhin der Pavillon unmissverständlich zum Wackeln gebracht wurde...
Der nächste Tag begann zu angenehmen 7 Uhr morgens, wir konnten gemütlich frühstücken und ein Bad im Fluss nehmen, bevor wir im Boot aufbrachen, um unsere nächste Dschungelwanderung zu starten. Ein ganzes Stück vom Camp entfernt abgesetzt wollten wir uns durch den Dschungel kämpfend einen Weg zurück suchen, natürlich immer begleitet von Guide und Bootsfahrer Victor. Auch auf dieser Wanderung gab es wieder einen Haufen Käfer und Spinnen zu sehen, zudem zeigte uns Victor einige Tricks zum Überleben im Dschungel, baute uns eine Tierfalle und öffnete uns den Kokon einiger essbarer Larven. Auch in das Geheimnis des „Dschungeltelefon“ in Form eines bestimmten Urwaldriesen mit besonders ausgeprägten Wurzeln, die sich wie Mauern um den Stamm herum erhoben und von den Eingeborenen als „casa del duende“, Haus des Dschungelgottes angesehen werden, wurden wir eingeweiht.
Mitten auf der Wanderung machte der Regenwald endlich seinem Namen alle Ehre und von einem Moment auf den anderen wurde es düster um uns herum und ein gewaltiger Niederschlag begann. Glücklicherweise standen wir gerade unter einem der Urwaldriesen, so dass Victor uns kurzerhand aus einigen der breitgefächerten Blätter ein Dach über den Wurzeln baute und wir erstaunlich trocken blieben. Natürlich hatte ich mit meiner Zeit unter den ganzen verlockend herabhängenden Lianen nichts besseres zu tun, als mich auf meine Tarzanqualitäten zu testen, ruckelte einige Male an der dicksten Liane und begann dann mit den Worten Victors im Ohr „Die hält, ich halt sie dir fest...“ den Aufstieg. Ich hatte den Boden keinen halben Meter unter mir gelassen als mit einem Knarren und einem Knall die seildicke Liane riss und mein Tarzanabenteuer statt mit Jane mit einem blauen Auge und einer kaputten Brille belohnt wurde.
Immerhin hatte ich die Stimmung der gesamten Gruppe wieder deutlich aufgehellt und als der Regen nach einer halben Stunde nicht aufgehört hatte, machten wir uns eben auch ohne die vergessenen Regenponchos wieder auf den Weg, um den Moskitoschwärmen zu entkommen, welche unter dem improvisierten Dach über uns hergefallen waren.
Wir überquerten einen schmalen Arm des Cuyabenoflusses mit Hilfe einiger hineingefallener Baumstämme, beobachteten Victor bei einer spektakulären Machetenrettungsaktion, weil sie ihm in den Fluss gefallen war und kamen schließlich wieder erfolgreich im Camp an. Nach Mittagessen und Erholungspause setzten wir uns wieder in den Einbaum und besuchten eine Eingeborenenkommune.
Hier wurden wir schon erwartet und nach der Tourizahlung von $2 wurden wir in die Herstellung von „pan de yuca“ (Brot aus der Yucawurzel) eingeweiht, was mich im Geschmack ein wenig an schwedische Cracker erinnerte und mit Marmelade ganz hervorragend schmeckte.
Im Camp zurück setzten wir uns gemeinsam an den Abendbrottisch, um daraufhin in der einbrechenden Dunkelheit von den herumschwirrenden Moskitos regelrecht aufgefressen zu werden. Allein einer meiner Knöchel kam auf über 70 Stiche, die sofort anschwollen und höllisch zu jucken begannen. Nach dem Abendessen war der Juckreiz kaum mehr auszuhalten und ich fragte Victor nach einer Heilpflanze für die Stiche.
Einen Moment überlegte er und brachte mir dann – Eine Brennnessel.
Ungläubig starrte ich ihn an, doch da mir mittlerweile alles recht war, um nur diese höllischen Stiche loszuwerden ließ ich alle meine Stiche mit der bösartig aussehenden Brennnessel abklopfen. Und tatsächlich: Nachdem das anfängliche Brennen der Säure vergangen war blieb nichts als ein leichtes Gefühl der Wärme zurück, der Juckreiz sollte für die nächsten zwei Tage nicht zurückkehren. Ermuntert von meinem Beispielen ließen sich auch die anderen mit der Brennnessel „behandeln“, so dass die Holzhütte mitten im Dschungel für eine Viertelstunde den Touch eines exotischen S&M-Clubs bekam.
Zum Abschluss des Tages zündeten wir uns die gesammelten Dschungelzigaretten an, die trockenen Äste eines bestimmten Baumes, die erstaunlich gut schmeckten, aber wie uns Victor zuvor versichert hatte, keinerlei Rauschwirkung hatten. Nachdem wir noch einen schlafenden Schmetterling entdeckt hatten, der es sich bei uns im Pavillon gemütlich gemacht hatte und eine Flügelspannweite meiner aneinander gelegter Hände hatte, fielen wir alle müde ins Bett. Nur einen unter dem Dach schien der Tag nicht erschöpft zu haben...
Der nächste Tag sollte einen vollständigen Tagesausflug beinhalten und gespannt auf die Lagune, an der es Delfine und Anakondas geben sollte setzten wir uns ins Boot, diesmal nicht nur begleitet von Victor sondern auch einer Einheimischen, die uns als eingeborene Führerin noch mehr zeigen sollte. Als unser Boot durch die glänzenden Wasser der hell im Sonnenlicht daliegenden Lagune schnitt bewunderten wir alle die breiten Bäume, welche direkt aus dem Wasser emporwucherten und das Ufer der Lagune unsichtbar machten. Von der intensiven Amazonassonne schwitzend schwammen wir einige Runden im kühlen Lagunenwasser, bevor wir uns auf Anakondasuche machten. Leider war diese nicht von Erfolg gekrönt und etwas enttäuscht legten wir an einem Dschungelpfad an und machten uns auf eine weitere Rundwanderung. Hier stellte uns die Einheimische eine ganze Menge verschiedener Heilpflanzen vor, unter anderem einen Baum dessen Rinde gegen Malaria helfen soll. Auch flocht sie einen Rucksack aus einem großen fächerförmigen Blatt und wir verwandelten Paul mit Hilfe einer Blätterhandtasche, Blümchen hinter dem Ohr, Krone und Blätterröckchen in eine waschechte Indiobraut, bevor wir zum Mittagessen wieder zum Kanu zurückkehrten.
Nach der Sichtung einiger Tukane und einer gigantischen, hochgiftigen Spinne sollten wir noch für das heutige Abendessen sorgen: Wir machten uns auf Piranhafang.
Schon am ersten Platz, den wir paddelnd erreichen mussten, da Motoren in dieser Gegend wegen dem Seekuhvorkommen verboten ist, fingen wir nach kurzer Zeit die ersten zwei Piranhas, die erstaunlich harmlos aussahen. Erst als Victor sein allgegenwärtiges Messer wie Futter in das Maul des Fisches schob, wurden die riesigen Zähne sichtbar, mit denen er seine Beute auseinanderreißt. Von da an verließ uns unser Angelglück, bis wir mehrfach den Ort gewechselt hatten und schließlich einen Platz fanden, an dem auch ich meine zwei Piranhas aus dem Wasser zog und Paul mit einem ganzen Schwarm von Katzenfischen auftrumpfte.
Mit der Gewissheit auch diesen Abend etwas auf dem Tisch zu haben kehrten wir in der Abenddämmerung an die Lagune zurück und erwarteten schwimmend und Fotos schießend den Sonnenuntergang. Paul beeindruckte alle mit seinen schwimmend aus dem Wasser aufgenommenen Fotos (auf meinen Picasaalben zu bewundern) und schließlich tauchte auch die Sonne in einen roten Schleier gehüllt in das grüne Meer des Dschungels ab.
In der nahezu vollkommenen Dunkelheit des nächtlichen Dschungels, die Wasseroberfläche nur im Licht des Mondes und der zauberhaft hellen Sterne glänzend kehrten wir wieder ins Camp zurück, wobei Victor am Steuer unglaubliche Katzenaugen bewies und nahezu jedes Hindernis im Wasser voraus zu ahnen und geschickt zu umsteuern.
Zum Abendessen gab es dann auch tatsächlich die selbstgefischten Piranhas, wobei die Zähne gleich viel gefährlicher aus dem gegrillten Fleisch hervorblitzten, als es noch zuvor im Boot der Fall gewesen war. Mit Knoblauch abgeschmeckt und ein wenig Zitrone beträufelt – wie das hier in Ecuador ja bei jedem Gericht üblich ist – schmeckten die fleischfressenden Biester richtig gut und erstaunlich wenig nach Fisch.
Nach der abendlichen Brennnesselgeißelung im Anschluss ans Essen legten wir uns erwärmt aber juckreizfrei in unsere Moskitonetzzelte und schliefen schon bald tief, begleitet von dem allabendlichen Wackeln des Pavillonbodens...
Der nächste und letzte volle Tag unserer Dschungeltour war einer weiteren Dschungelwanderung und dem Besuch eines Schamanen gewidmet. Mit dem Boot ein Stück entfernt abgesetzt, erreichten wir das große komfortable Haus des Schamanen nach einer halbstündigen Wanderung mit der Einheimischen und ihrem Sohn durch die Wildnis. Der Höhepunkt dieser Wanderung waren drei Ceibo-Bäume (die schon zuvor beschriebenen Urwaldriesen mit gigantischen Wurzeln) und eine aufgestellte Tafel, die das Vorkommen von Riesenottern im Nationalpark beschrieb, ohne das wir die Tiere jedoch zu Gesicht bekamen.
Der Schamane hatte nicht Besseres zu bieten. Nach Einsacken der üblichen $2 Tourigebühr bekamen wir in einem fünfminütigen Vortrag auf unverständlichem Spanisch erzählt, wie viele amerikanische Ärzte schon seine Hilfe erbeten hätten, wurde ich unter Gesang und Blattgewedel von allen bösen Geistern befreit und dann ging es auch schon wieder zurück.
Unterwegs hielten wir in einer anderen Kommune an, wo wir uns zwei Stunden lang ein Fußballspiel anschauen durften, wobei die einzige Erkenntnis jedoch blieb, dass Fußball wohl ein tatsächlich universelles Spiel ist.
Nach der Rückkehr am späten Nachmittag versprach uns Victor immerhin noch, mit uns in der Nacht auf Kaimansuche zu gehen und den nächsten Morgen früh mit einer Vogelbeobachtungstour zu beginnen.
An diese Initiative glaubte zunächst niemand so richtig, schon allein weil sie erst von uns angeleiert werden musste. Zudem verschwand Victor gleich nach Rückkehr in seinem Zelt, wohin ihm schon bald seine Köchin folgte...
Wir Freiwillige begnügten uns am Essenstisch jedoch mit der Weitergabe deutscher Kultur und brachten der Schweizerin Franziska Skat bei, unterhielten uns und rissen einen Haufen schlechter Witze („Was hat 4 Beine und nur einen Arm?“ - „Ein Pittbull auf dem Kinderspielplatz.“), bevor es endlich Abendessen gab und wir, oh Wunder, im Boot mit Taschenlampen bewaffnet auf Kaimansuche gingen.
Wieder bewies Victor einen unheimlichen sechsten Sinn und wir kurvten den trägen Rio Cuyabeno hinauf, während uns Abermillionen Motten und Moskitos umschwirrten, verfolgt von blitzschnell zuschlagenden Fledermäusen. Mit den Lichtern das Ufer ableuchtend hielten alle Ausschau nach im Lichtstrahl aufblitzenden Kaimanaugen.
Und tatsächlich, keine fünf Minuten nach Abfahrt leuchtete uns aus dem Uferdickicht ein Paar glutroter Augen an. Mit gedrosseltem Motor näherten wir uns vorsichtig dem Kaiman, die Fotoaparate griffbereit an der Hand, bis unsere Lampen alles ausleuchteten... und sich der Kaiman als schlafender Vogel herausstellte, dessen Augen jedoch ebenso bösartig rot glühten.
Enttäuscht ging es mit Vollgas weiter den Fluss hinauf und schließlich in einen ruhigen Seitenarm hinein, der laut Victor die höchsten Chancen für die Kaimansichtung bot. Hier kamen wir jedoch auch in den zweifelhaften Genuss eines naturbelassenen Flusslaufes im Amazonasgebiet. Ständig mussten herabgefallene Stämme im Wasser umfahren oder überfahren werden, herabbaumelnden Riesenspinnen ausgewichen werden und nachdem wir einen quer über dem Fluss liegenden Baum erfolgreich unterfahren hatten, stellte sich der Flussarm schließlich als Sackgasse heraus.
Einige Bäume waren schon vor langer Zeit umgefallen, die Seestraße vollkommen blockierend.
Enttäuscht, keinen Kaiman gesehen zu haben, aber doch zufrieden immerhin etwas unternommen und ein Dschungelflussabenteuer erlebt zu haben, kehrten wir also auf dem selben Weg wieder ins Camp zurück. Wieder schaffte es Victor, den Außenbordmotor trotz unter der Wasseroberfläche treibender Stämme ohne Schaden nach Hause zu bringen und es ging aufgeregt plaudernd ins Bett.
Selbst Victor verzichtete auf die allabendliche Pavillon-Stabilitätsprüfung und wir schliefen rasch ein, darauf eingestellt am nächsten Morgen früh zur Vogelbeobachtungswanderung geweckt zu werden.
Was aber nicht geschah. Ich wachte zwar in der Morgendämmerung zum sanften Prasseln des Amazonasregens auf, war aber ganz froh, dass kein Victor vor meinem Zelt stand und ich statt durch den kalten Dschungelschlamm zu kriechen noch weiterschlafen konnte.
So bestand unser letzter Morgen im Dschungel nur noch aus Frühstück, Kofferpacken und der Abgabe konstruktiver Kritik, die uns Victor abforderte, bevor wir uns auf die dreistündige Bootsfahrt zurück zum Reservatseingang machten und von dort bald wieder im Bus nach Hause saßen...
Nach zweiwöchiger Rundreise entlang der Küste und zahlreichen Ausflügen zu Indígena-Märkten und Großstädten der Sierra hatten wir uns für die Osterferien einen Ausflug in den ecuadorianischen Dschungel vorgenommen.
Mit einer Reiseagentur aus einer recht entfernten Stadt, die uns bei einem Besuch dort schon ein günstiges Angebot für eine fünftägige Dschungeltour gemacht hatte ging es also Mittwochabend im Bus nach Osten.
In den Osten, wo der grüne Oriente uns mit seinen Urwaldriesen und mäandernden Dschungelflüssen erwarten sollte und nahe der kolumbianischen Grenze die FARC ihre Drogenplantagen hat. Wo skrupellose Ölfirmen aus aller Welt die ecuadorianischen Ölvorkommen ausbeuten und nichts als zerstörte Natur und Schwerölteiche zurücklassen.
In eines der artenreichsten Gebiete der Welt, eines der soldatenreichsten Gebiete Ecuadors, eines der Gebiete mit den meisten Menschenrechtsverletzungen in diesem Land.
Nach zwei endlos erscheinenden Stunden Warten am eisigen „terminal terrestre“, dem größten Busbahnhof von Quito, konnte es endlich losgehen und nach einer beständig wärmer werdenden Busfahrt stiegen wir am nächsten Morgen im schwül-warmen Lago Agrio aus dem Bus. Quasi direkt begannen wir zu schwitzen und schwangen uns auf ein Pick-Up-Taxi zum verabredeten Treffpunkt „Hotel de Mario“, wo uns unser Führer schon erwartete. Nach kurzem Zwischenfrühstück in der Panadería (Bäckerei) und langem Warten auf die Buseta, die uns bis ins Naturschutzgebiet selbst hineinbringen sollte, begann die Reise durch den Oriente. Auf einer breit ausgebauten Straße, die besser instand gehalten zu werden scheint, als die Panamericana fuhren wir immer begleitet von der die Straße säumenden Pipeline tiefer und tiefer in den Oriente hinein. Kaum Bevölkerung war auszumachen, auch wenn die Straße von breiten, bebaubaren Flächen gesäumt wurde. Von Primärurwald keine Spur, hin und wieder waren in einiger Entfernung einige Flecken von Sekundärwald zu beobachten, die jedoch mehr an den Wald der ecuadorianischen Küste erinnerten, als an Amazonasdschungel.
Endlich, nach drei Stunden Fahrt, hatten wir das Naturschutzgebiet Cuyabeno erreicht.
Wir hielten an einer Brücke über einen breiten, brackigbraunen Fluss, die Pipeline verschwand auf der anderen Seite im dichten Wald, der sich endlich vor uns auftürmte. Die hier wartenden Regierungsbeamten, ein ziviler Schreiberling und zwei Marinesoldaten, ließen uns nach längerer Diskussion unseres Führers auch tatsächlich mit Censo zu ecuadorianischen Preisen in den Nationalpark. So aßen wir in einem holzgezimmerten Restaurant schnell zu Mittag, bevor wir in das nächste Transportmittel umsattelten: Der motorisierte Einbaum wartete schon voll beladen auf uns, als wir mit gefülltem Magen die Weiterreise antreten wollten.
Mit Rettungswesten ausgestattet und dem gerade erworbenen Eintrittsticket bewaffnet setzten wir fünf uns noch etwas skeptisch in das schmale, wackelige Boot und wurden von unserem Fahrer begrüßt, der uns für die nächste Zeit Tag und Nacht begleiten sollte. Dann ging das Dschungelabenteuer los. Mit knatterndem Motor fuhren wir den Fluss hinunter, die Pipeline abgelöst von breiten Lianen, die sich die Bäume hinaufhangelten und fremdartigen roten Blumen, die das Schilf am Uferrand krönten. Immer wieder stiegen Schwärme von tropischen Vögeln auf, die leuchtend gelben Schwänze leuchteten im Sonnenschein. Gigantische, mit dünnen Lianen, wie Bärten geschmückte Urwaldriesen erhoben sich wie Wächter links und rechts des Flusses, das tiefgrüne Dickicht zwischen ihren Stämmen ließ keinen Blick hindurch. Wir waren noch ganz in den Anblick der schmarotzenden Orchideen vertieft, die auf den Stämmen der über den Fluss geneigten Bäume blühten, als plötzlich der Motor erstarb und wir über das Wasser gleitend zum Stillstand zeigten. Unser Fahrer bedeutete uns still zu sein und zeigte die Bäume hinauf, wo wir zunächst nichts zu entdecken vermochten.
Dann kam plötzlich Bewegung auf und eine Affenhorde schwang sich in den Baumwipfeln umher, die Guaba-Frucht aufbrechend und essend. Begeistert beobachteten wir die Kapuzineräffchen bei ihrem Festmahl, was diese uns damit dankten, die Fruchtkerne nach dem Kanu zu werfen. Lachend machten wir uns wieder auf den Weg, kamen an einigen anderen Dschungellodges vorbei und erreichten schließlich nach insgesamt drei Stunden Bootsfahrt unsere eigene Unterkunft.
Hier wurden wir von der ganzen Familie des Tourveranstalters begrüßt, konnten uns in einem riesigen Holzpavillon einquartieren, auf dessen Boden bettgroße Moskitonetzzelte aufgebaut waren, die mit Matratzen ausgelegt waren und sich als erstaunlich bequem erweisen sollten. Nach der Versicherung des Guides, dass ein Bad im Fluss vollkommen ungefährlich wäre, stürzten wir uns in die kühlen Fluten, um auf die anschließende Frage, ob es denn hier gar keine Piranhas gäbe, nur ein verständnisloses „Natürlich gibt’s die!“ zu ernten. Wie uns der Guide erklärte, greifen diese aber nur unbewegliche oder blutende Ziele an und das Anakondarisiko wäre momentan auch recht gering. Einigermaßen geschockt begingen wir das erstaunlich reichhaltige Abendessen, um danach zur ersten Dschungeltour aufzubrechen. Im nachtschwarzen Dschungel mit Taschenlampen unterwegs wanderten wir in Gummistiefeln über den erstaunlich trockenen Pfad, stiegen über morsche Stämme und bekamen zahlreiche Insekten zu sehen.
Von hübschen Schmetterlingen über den Ästen gleichenden Heuschrecken bis zu handtellergroßen Spinnen konnten wir einiges beobachten und durften auch noch unsere Nachspeise probieren: Zitronenameisen, die ihrem Namen alle Ehre machten und einen süßlichsauren Geschmack hatten.
Nach dem Vorstellen erster Dschungelheilpflanzen kamen wir zurück ins Camp, pflückten uns noch eine Naranjilla zum Essen und legten uns ins Bett, um für den nächsten Tag gestärkt zu sein.
Daraus wurde jedoch so schnell nichts, da sich Motorista und Guia Victor ebenfalls unter dem palmgedeckten Dach einquatriert hatte. Kurze Zeit nachdem wir uns schlafen gelegt hatten leuchtete auch schon die Kontrolllampe herum, wurden die Kerzen ausgeblasen und die Köchin des Camps ins Zelt geholt, woraufhin der Pavillon unmissverständlich zum Wackeln gebracht wurde...
Der nächste Tag begann zu angenehmen 7 Uhr morgens, wir konnten gemütlich frühstücken und ein Bad im Fluss nehmen, bevor wir im Boot aufbrachen, um unsere nächste Dschungelwanderung zu starten. Ein ganzes Stück vom Camp entfernt abgesetzt wollten wir uns durch den Dschungel kämpfend einen Weg zurück suchen, natürlich immer begleitet von Guide und Bootsfahrer Victor. Auch auf dieser Wanderung gab es wieder einen Haufen Käfer und Spinnen zu sehen, zudem zeigte uns Victor einige Tricks zum Überleben im Dschungel, baute uns eine Tierfalle und öffnete uns den Kokon einiger essbarer Larven. Auch in das Geheimnis des „Dschungeltelefon“ in Form eines bestimmten Urwaldriesen mit besonders ausgeprägten Wurzeln, die sich wie Mauern um den Stamm herum erhoben und von den Eingeborenen als „casa del duende“, Haus des Dschungelgottes angesehen werden, wurden wir eingeweiht.
Mitten auf der Wanderung machte der Regenwald endlich seinem Namen alle Ehre und von einem Moment auf den anderen wurde es düster um uns herum und ein gewaltiger Niederschlag begann. Glücklicherweise standen wir gerade unter einem der Urwaldriesen, so dass Victor uns kurzerhand aus einigen der breitgefächerten Blätter ein Dach über den Wurzeln baute und wir erstaunlich trocken blieben. Natürlich hatte ich mit meiner Zeit unter den ganzen verlockend herabhängenden Lianen nichts besseres zu tun, als mich auf meine Tarzanqualitäten zu testen, ruckelte einige Male an der dicksten Liane und begann dann mit den Worten Victors im Ohr „Die hält, ich halt sie dir fest...“ den Aufstieg. Ich hatte den Boden keinen halben Meter unter mir gelassen als mit einem Knarren und einem Knall die seildicke Liane riss und mein Tarzanabenteuer statt mit Jane mit einem blauen Auge und einer kaputten Brille belohnt wurde.
Immerhin hatte ich die Stimmung der gesamten Gruppe wieder deutlich aufgehellt und als der Regen nach einer halben Stunde nicht aufgehört hatte, machten wir uns eben auch ohne die vergessenen Regenponchos wieder auf den Weg, um den Moskitoschwärmen zu entkommen, welche unter dem improvisierten Dach über uns hergefallen waren.
Wir überquerten einen schmalen Arm des Cuyabenoflusses mit Hilfe einiger hineingefallener Baumstämme, beobachteten Victor bei einer spektakulären Machetenrettungsaktion, weil sie ihm in den Fluss gefallen war und kamen schließlich wieder erfolgreich im Camp an. Nach Mittagessen und Erholungspause setzten wir uns wieder in den Einbaum und besuchten eine Eingeborenenkommune.
Hier wurden wir schon erwartet und nach der Tourizahlung von $2 wurden wir in die Herstellung von „pan de yuca“ (Brot aus der Yucawurzel) eingeweiht, was mich im Geschmack ein wenig an schwedische Cracker erinnerte und mit Marmelade ganz hervorragend schmeckte.
Im Camp zurück setzten wir uns gemeinsam an den Abendbrottisch, um daraufhin in der einbrechenden Dunkelheit von den herumschwirrenden Moskitos regelrecht aufgefressen zu werden. Allein einer meiner Knöchel kam auf über 70 Stiche, die sofort anschwollen und höllisch zu jucken begannen. Nach dem Abendessen war der Juckreiz kaum mehr auszuhalten und ich fragte Victor nach einer Heilpflanze für die Stiche.
Einen Moment überlegte er und brachte mir dann – Eine Brennnessel.
Ungläubig starrte ich ihn an, doch da mir mittlerweile alles recht war, um nur diese höllischen Stiche loszuwerden ließ ich alle meine Stiche mit der bösartig aussehenden Brennnessel abklopfen. Und tatsächlich: Nachdem das anfängliche Brennen der Säure vergangen war blieb nichts als ein leichtes Gefühl der Wärme zurück, der Juckreiz sollte für die nächsten zwei Tage nicht zurückkehren. Ermuntert von meinem Beispielen ließen sich auch die anderen mit der Brennnessel „behandeln“, so dass die Holzhütte mitten im Dschungel für eine Viertelstunde den Touch eines exotischen S&M-Clubs bekam.
Zum Abschluss des Tages zündeten wir uns die gesammelten Dschungelzigaretten an, die trockenen Äste eines bestimmten Baumes, die erstaunlich gut schmeckten, aber wie uns Victor zuvor versichert hatte, keinerlei Rauschwirkung hatten. Nachdem wir noch einen schlafenden Schmetterling entdeckt hatten, der es sich bei uns im Pavillon gemütlich gemacht hatte und eine Flügelspannweite meiner aneinander gelegter Hände hatte, fielen wir alle müde ins Bett. Nur einen unter dem Dach schien der Tag nicht erschöpft zu haben...
Der nächste Tag sollte einen vollständigen Tagesausflug beinhalten und gespannt auf die Lagune, an der es Delfine und Anakondas geben sollte setzten wir uns ins Boot, diesmal nicht nur begleitet von Victor sondern auch einer Einheimischen, die uns als eingeborene Führerin noch mehr zeigen sollte. Als unser Boot durch die glänzenden Wasser der hell im Sonnenlicht daliegenden Lagune schnitt bewunderten wir alle die breiten Bäume, welche direkt aus dem Wasser emporwucherten und das Ufer der Lagune unsichtbar machten. Von der intensiven Amazonassonne schwitzend schwammen wir einige Runden im kühlen Lagunenwasser, bevor wir uns auf Anakondasuche machten. Leider war diese nicht von Erfolg gekrönt und etwas enttäuscht legten wir an einem Dschungelpfad an und machten uns auf eine weitere Rundwanderung. Hier stellte uns die Einheimische eine ganze Menge verschiedener Heilpflanzen vor, unter anderem einen Baum dessen Rinde gegen Malaria helfen soll. Auch flocht sie einen Rucksack aus einem großen fächerförmigen Blatt und wir verwandelten Paul mit Hilfe einer Blätterhandtasche, Blümchen hinter dem Ohr, Krone und Blätterröckchen in eine waschechte Indiobraut, bevor wir zum Mittagessen wieder zum Kanu zurückkehrten.
Nach der Sichtung einiger Tukane und einer gigantischen, hochgiftigen Spinne sollten wir noch für das heutige Abendessen sorgen: Wir machten uns auf Piranhafang.
Schon am ersten Platz, den wir paddelnd erreichen mussten, da Motoren in dieser Gegend wegen dem Seekuhvorkommen verboten ist, fingen wir nach kurzer Zeit die ersten zwei Piranhas, die erstaunlich harmlos aussahen. Erst als Victor sein allgegenwärtiges Messer wie Futter in das Maul des Fisches schob, wurden die riesigen Zähne sichtbar, mit denen er seine Beute auseinanderreißt. Von da an verließ uns unser Angelglück, bis wir mehrfach den Ort gewechselt hatten und schließlich einen Platz fanden, an dem auch ich meine zwei Piranhas aus dem Wasser zog und Paul mit einem ganzen Schwarm von Katzenfischen auftrumpfte.
Mit der Gewissheit auch diesen Abend etwas auf dem Tisch zu haben kehrten wir in der Abenddämmerung an die Lagune zurück und erwarteten schwimmend und Fotos schießend den Sonnenuntergang. Paul beeindruckte alle mit seinen schwimmend aus dem Wasser aufgenommenen Fotos (auf meinen Picasaalben zu bewundern) und schließlich tauchte auch die Sonne in einen roten Schleier gehüllt in das grüne Meer des Dschungels ab.
In der nahezu vollkommenen Dunkelheit des nächtlichen Dschungels, die Wasseroberfläche nur im Licht des Mondes und der zauberhaft hellen Sterne glänzend kehrten wir wieder ins Camp zurück, wobei Victor am Steuer unglaubliche Katzenaugen bewies und nahezu jedes Hindernis im Wasser voraus zu ahnen und geschickt zu umsteuern.
Zum Abendessen gab es dann auch tatsächlich die selbstgefischten Piranhas, wobei die Zähne gleich viel gefährlicher aus dem gegrillten Fleisch hervorblitzten, als es noch zuvor im Boot der Fall gewesen war. Mit Knoblauch abgeschmeckt und ein wenig Zitrone beträufelt – wie das hier in Ecuador ja bei jedem Gericht üblich ist – schmeckten die fleischfressenden Biester richtig gut und erstaunlich wenig nach Fisch.
Nach der abendlichen Brennnesselgeißelung im Anschluss ans Essen legten wir uns erwärmt aber juckreizfrei in unsere Moskitonetzzelte und schliefen schon bald tief, begleitet von dem allabendlichen Wackeln des Pavillonbodens...
Der nächste und letzte volle Tag unserer Dschungeltour war einer weiteren Dschungelwanderung und dem Besuch eines Schamanen gewidmet. Mit dem Boot ein Stück entfernt abgesetzt, erreichten wir das große komfortable Haus des Schamanen nach einer halbstündigen Wanderung mit der Einheimischen und ihrem Sohn durch die Wildnis. Der Höhepunkt dieser Wanderung waren drei Ceibo-Bäume (die schon zuvor beschriebenen Urwaldriesen mit gigantischen Wurzeln) und eine aufgestellte Tafel, die das Vorkommen von Riesenottern im Nationalpark beschrieb, ohne das wir die Tiere jedoch zu Gesicht bekamen.
Der Schamane hatte nicht Besseres zu bieten. Nach Einsacken der üblichen $2 Tourigebühr bekamen wir in einem fünfminütigen Vortrag auf unverständlichem Spanisch erzählt, wie viele amerikanische Ärzte schon seine Hilfe erbeten hätten, wurde ich unter Gesang und Blattgewedel von allen bösen Geistern befreit und dann ging es auch schon wieder zurück.
Unterwegs hielten wir in einer anderen Kommune an, wo wir uns zwei Stunden lang ein Fußballspiel anschauen durften, wobei die einzige Erkenntnis jedoch blieb, dass Fußball wohl ein tatsächlich universelles Spiel ist.
Nach der Rückkehr am späten Nachmittag versprach uns Victor immerhin noch, mit uns in der Nacht auf Kaimansuche zu gehen und den nächsten Morgen früh mit einer Vogelbeobachtungstour zu beginnen.
An diese Initiative glaubte zunächst niemand so richtig, schon allein weil sie erst von uns angeleiert werden musste. Zudem verschwand Victor gleich nach Rückkehr in seinem Zelt, wohin ihm schon bald seine Köchin folgte...
Wir Freiwillige begnügten uns am Essenstisch jedoch mit der Weitergabe deutscher Kultur und brachten der Schweizerin Franziska Skat bei, unterhielten uns und rissen einen Haufen schlechter Witze („Was hat 4 Beine und nur einen Arm?“ - „Ein Pittbull auf dem Kinderspielplatz.“), bevor es endlich Abendessen gab und wir, oh Wunder, im Boot mit Taschenlampen bewaffnet auf Kaimansuche gingen.
Wieder bewies Victor einen unheimlichen sechsten Sinn und wir kurvten den trägen Rio Cuyabeno hinauf, während uns Abermillionen Motten und Moskitos umschwirrten, verfolgt von blitzschnell zuschlagenden Fledermäusen. Mit den Lichtern das Ufer ableuchtend hielten alle Ausschau nach im Lichtstrahl aufblitzenden Kaimanaugen.
Und tatsächlich, keine fünf Minuten nach Abfahrt leuchtete uns aus dem Uferdickicht ein Paar glutroter Augen an. Mit gedrosseltem Motor näherten wir uns vorsichtig dem Kaiman, die Fotoaparate griffbereit an der Hand, bis unsere Lampen alles ausleuchteten... und sich der Kaiman als schlafender Vogel herausstellte, dessen Augen jedoch ebenso bösartig rot glühten.
Enttäuscht ging es mit Vollgas weiter den Fluss hinauf und schließlich in einen ruhigen Seitenarm hinein, der laut Victor die höchsten Chancen für die Kaimansichtung bot. Hier kamen wir jedoch auch in den zweifelhaften Genuss eines naturbelassenen Flusslaufes im Amazonasgebiet. Ständig mussten herabgefallene Stämme im Wasser umfahren oder überfahren werden, herabbaumelnden Riesenspinnen ausgewichen werden und nachdem wir einen quer über dem Fluss liegenden Baum erfolgreich unterfahren hatten, stellte sich der Flussarm schließlich als Sackgasse heraus.
Einige Bäume waren schon vor langer Zeit umgefallen, die Seestraße vollkommen blockierend.
Enttäuscht, keinen Kaiman gesehen zu haben, aber doch zufrieden immerhin etwas unternommen und ein Dschungelflussabenteuer erlebt zu haben, kehrten wir also auf dem selben Weg wieder ins Camp zurück. Wieder schaffte es Victor, den Außenbordmotor trotz unter der Wasseroberfläche treibender Stämme ohne Schaden nach Hause zu bringen und es ging aufgeregt plaudernd ins Bett.
Selbst Victor verzichtete auf die allabendliche Pavillon-Stabilitätsprüfung und wir schliefen rasch ein, darauf eingestellt am nächsten Morgen früh zur Vogelbeobachtungswanderung geweckt zu werden.
Was aber nicht geschah. Ich wachte zwar in der Morgendämmerung zum sanften Prasseln des Amazonasregens auf, war aber ganz froh, dass kein Victor vor meinem Zelt stand und ich statt durch den kalten Dschungelschlamm zu kriechen noch weiterschlafen konnte.
So bestand unser letzter Morgen im Dschungel nur noch aus Frühstück, Kofferpacken und der Abgabe konstruktiver Kritik, die uns Victor abforderte, bevor wir uns auf die dreistündige Bootsfahrt zurück zum Reservatseingang machten und von dort bald wieder im Bus nach Hause saßen...
Mittwoch, 25. März 2009
Dschungeltour mit den Primitas oder Der höchste Wasserfall Ecuadors
Wie häufig in den letzten Wochen verbrachte ich vor kurzem wieder einen Abend bei tio Pedro und Familie, was hauptsächlich aus gemeinsamen Essen, Hausaufgabenhilfe für prima Wendy und Handyspiele für primo Zaul bestand. Auch den Erzählungen von der Arbeit auf nicht ganz einwandfreiem Spanisch wird immer gerne gelauscht, generell scheint hier der Gesprächsstoff nicht allzu umfangreich zu sein, so dass Abwechslung von den Themen Familie und Dorfgeschehen immer gerne gesehen wird.
Ich wollte mich schon fast wieder auf den zehnminütigen Weg zurück ins Tal machen, als Wendy noch schnell einwarf: „Kennst du eigentlich schon El Chaco?“
El Chaco, hinlänglich bekannt durch die Raftingberichte von meinem ehemaligen Lehrerkollegen Diego liegt im Oriente von Ecuador, etwa vier Fahrtstunden östlich von Quito und ist eine der ersten touristischen Anlaufstellen für Dschungeltouren. Die Frage verneinend erzählte Wendy weiter, dass sie einen Schulausflug dorthin machen wolle und lud mich kurzerhand ein, mitzukommen. Auf eigene Faust auch noch Reisekumpan Paul einladend nahm ich das Angebot an und so fanden wir uns Samstagmorgen um 6 Uhr morgens am Rande Cumbayas ein, um den Schulbus des Colegio Militar zu erwarten.
Nach der in Ecuador üblichen dreiviertel Stunde nach verabredetem Zeitpunkt konnten wir uns dann auch endlich in den Bus setzen und wurden dort von ca. 50 neugierigen Achtklässlern in voller Uniform erwartet, welche die Fahrt über kaum ein Augen von den beiden Weißen lassen konnten. Dabei erwies es sich wieder einmal als äußerst angenehm, mit Paul zu reisen, da ein großer, blonder Deutscher natürlich wesentlich interessanter ist, als meine dunkelhaarige Wenigkeit. Nach den üblichen Stories über Herkunft, Vergleiche Deutschland – Ecuador und Unterhaltungen mit den begleitenden Lehrern kamen wir zum Ziel des pädagogischen Ausfluges: Eine Ölpumpstation im ecuadorianischen Dschungel, an welcher der Direktor der Schule erst einmal mit den verantwortlichen Ingenieuren den Eintritt zu verhandeln hatte, bevor es hinein ging. Wir hörten uns eine kurze, chaotische und vollkommen inhaltsfreie Vorstellung der Anlage durch einen Ingenieur an, die zu allem Übel auch noch zum Großteil von den nebenan arbeitenden Pumpen übertönt wurde und verließen dann schnell wieder die Anlage. Nicht ohne vorher das hervorragende Wiederaufbereitungsbecken zu begutachten, dem angeblich kein Tropfen Verunreinigung in den nahe gelegenen Fluss entweichen sollte.
Von den großen Schornsteinen, welche die Abluft der Pumpen in die Luft entließen, von dem über Kilometer hinweg zu hörenden Lärm der Pumpen, den immer wieder aufgrund von Wartungsmängeln vorkommenden Brüchen der Ölpipeline oder gar den Förderungsmethoden natürlich keine Rede.
So beendeten wir, meiner Meinung nach ohne jeglichen Wert für die Schüler, diesen Abschnitt des Schulausflugs und gingen Mittagessen. Danach verabschiedeten wir uns von den Primitas und ihren Mitschülern, weil diese den Rest des Tages im westlich gelegenen Papallacta verbringen wollten, während unser Weg uns wieder nach Osten zum Reventador führte.
Mit der guten alten Daumenraus-Methode fanden wir auch bald einen Pickup, der uns bis vor die Haustür der einzigen Herberge im Umkreis des Reventadores fuhr. Unterwegs konnten wir mit eigenen Augen begutachten, was mit den Schülern nicht klar geworden war. Wir kamen an einer Öl-Unfallstelle vorbei, und der Fahrer erklärte uns, dass hier vor einigen Monaten noch alles schwarz vor Öl gewesen war. Selbst jetzt, nach 8 Monaten Säuberungsarbeiten waren immer noch einige schwarze Lachen zu sehen. Niemand weiß, wie lange das Zeit hatte in den Boden zu sickern und das Grundwasser zu vergiften, bevor die staatliche Ölgesellschaft die Notwendigkeit sah, überhaupt mit den Renaturierungsmaßnahmen zu beginnen.
Am Hostal angekommen erwartete uns zunächst einmal ein Schock. Laut Hotelpage und Koch vom anderen Ufer gab es keine Zimmer mehr. Ratlos schauten wir uns, wie konnte ein Hostal außerhalb der normalen Feiertage an einem verhältnismäßig untouristischen Ort wie hier bis aufs letzte Bett ausgebucht sein?
Mit dem Hoffnungsschimmer, dass der abwesende Chef vielleicht doch noch ein Zimmer auftreiben könnte, besichtigten wir erst einmal den höchsten Wasserfall Ecuadors, die Cascada San Rafael. Ein schlecht begehbarer, halbstuendiger Weg fuehrte dorthin, zwischendurch ging es noch an einem Pfoertner vorbei, der uns eigentlich $10 haette abnehmen sollen, uns aber ohne Nachfrage so reinliess. Schon bald erreichten wir den Aussichtspunkt auf den Wasserfall und waren alle beide – beeindruckt.
Gigantische Wassermassen waelzen sich die 140 Meter hinunter, scheinen so langsam zu fallen, dass man einzelne Schwaden dabei verfolgen kann. Dazu droehnt ein gewaltiges Grollen durch den Kessel, in dessen Mitte das herabstuerzende Wasser verborgen im Spruehnebel auf den See trifft.
Bewundernd hielten wir eine halbe Stunde inne, den Wasserfall betrachtend, bevor wir wieder zurueck ins hostal gingen.
Hier erwartete uns die gute Nachricht, dass doch noch ein Zweibettzimmer verfuegbar waere und die Erklaerung fuer die Vollbelegung: Die fuer das Oel-Unglueck zustaendigen Arbeiter waren alle im gleichen hostal untergebracht.
Immerhin hatten wir uns nun eine Unterkunft fuer die Nacht gesichert, waere nichts mehr in diesem hostal frei gewesen, haetten wir die Nacht wohl unter freiem Himmel verbringen muessen.
So konnten wir aber beruhigt zu Abend essen, uns einen Fuehrer fuer die Reventadorwanderung am naechsten Morgen organisieren – der sich als der Hotelpage herausstellte – und nach einem erfrischenden Sprung in den von frischem Flusswasser gespeisten Pool frueh zu Bett gehen.
Immerhin hatten wir uns mit unserem Guide fuer 6 Uhr am naechsten Morgen verabredet.
So standen wir wie schon am tag zuvor um 5 auf, sprangen zum Aufwachen nocheinmal in den Pool, fruehstueckten unser gewohntes Toni-Marmeladen-Pan-Fruehstueck und fanden uns puenktlich um 6 am verabredeten Treffpunkt ein. Wie in Ecuador ueblich war unser Fuehrer natuerlich erst um viertel vor Sieben anwesend, woraufhin wir aber zuegig loswanderten. Schliesslich hatten wir dem Jungen versprochen, Mittags wieder zurueck zu sein. So ging es durch tiefsten Matsch in geliehenen Gummistiefeln an der Oelpipeline vorbei in den Dschungel hinein.
Zwar war auf unserer Hoehe von 1800 Metern noch nicht von richtige, Dschungel zu sprechen, den man sich als Mitteleuropaeer so vorstellt, aber was Matschaufkommen und Luftfeuchtigkeit anging, machte der Weg seinem Namen alle Ehre.
Nach zweieinhalb anstrengenden Stunden Matschwanderung, die zu allem Ueberfluss auch noch hauptsaechlich bergauf ging, hatten wir dann endlich unser Ziel erreicht. Eine weite, feuchte Ebene lag vor uns, nur mit Moos, Flechten und einigen niedrigen Straeuchern bewachsen. Das sei der Ausbruch von 2005, meinte Flo zu uns. Weiter ging der Weg durch die wie verzaubert daliegende, nebelverhangene Landschaft, in der mit Tau behangene Spinnennetze in den Straeuchern glaenzten.
Vollkommene Stille lag ueber dem gesamten Bild, dass ich mir wie in einem Maerchen vorkam.
Nach einer weiteren kurzen Wanderung durch diese Landschaft, deutete Flo auf einmal nach vorne und erklaerte: „Das sind die Reste des Ausbruchs vom letzten August!“
Vor uns lagen riesige Steinhaufen, still und scharfkantig. Mit einem Grinsen ueber unsere Gesichter begann Flo den Aufstieg des naechsten der 15 Meter hohen Steinhaufen und rasch ueberwanden wir unser Staunen und folgten ihm hinauf. Die unbequeme Kletterei ueber scharfkantige Steine, die sich bei jedem Tritt zu loesen schienen lohnte sich jedoch, als wir oben ankamen. Um uns herum nur Nebel und die dunklen, chaotisch uebereinander geworfenen Steine kam ich mir vor, wie am Ende der Welt. Dampfend breitete sich soweit der Nebel es zuliess nichts als schwarzer Stein aus, kein Felckchen Gruen dazwischen. Aus allen Spalten der Gesteinshaufen erhob sich kraueselnd heisser Dampf. Selbst jetzt, acht Monate spaeter, waren die Steine im Innern dieser Haufen noch heiss genug, um das Regenwasser verdampfen zu lassen.
Uns genuesslich in den heissen Dampf setzend verzehrten wir die mitgebrachte Zwischenmahlzeit und unterhielten uns ueber den Vulkan und seine Ausbrueche. Der einzige Wermutstropfen der Wanderung war, dass aufgrund all des Nebels keine Spur vom Vulkan selbst zu sehen war. Doch so hatten wir immerhin die geheimnisvolle Landschaft um uns herum, die sich unseren Fuehere auf dem Rueckweg sogar kurz verirren liess. In all dem Nebel und der ueberall gleich aussehenden Landschatf verloren wir alle kurz unsere Orientierung, fanden dann aber schnell wieder auf den richtigen Weg zurueck und betraten einmal mehr den Dschungel.
Der Rueckweg war deutlich leichter, weil immerhin hauptsaechlich bergab, auch wenn Flo auf einmal eine Verfolgungsjagd starten zu muessen meinte, die mit einem verdrehten Fuss meinerseits endete. Endlich kamen wir wieder am Hostal an, alle vollkommen verdreckt und erschoepft, aber sehr zufrieden mit dem Ausflug. Mit einem Blick auf die Uhr bestaetigte sich auch unsere Selbsteinschaetzung, denn wir hatten die siebenstuendige Wanderung in nur Fuenf geschafft.
So konnten wir uns beruhigt in den Bus nach Hause setzen, der mich sogar angenehmerweise nicht erst im Sueden Quitos absetzte, sondern schon im Nachbarort Cumbaya...
PS: Fotos sind oben...
Ich wollte mich schon fast wieder auf den zehnminütigen Weg zurück ins Tal machen, als Wendy noch schnell einwarf: „Kennst du eigentlich schon El Chaco?“
El Chaco, hinlänglich bekannt durch die Raftingberichte von meinem ehemaligen Lehrerkollegen Diego liegt im Oriente von Ecuador, etwa vier Fahrtstunden östlich von Quito und ist eine der ersten touristischen Anlaufstellen für Dschungeltouren. Die Frage verneinend erzählte Wendy weiter, dass sie einen Schulausflug dorthin machen wolle und lud mich kurzerhand ein, mitzukommen. Auf eigene Faust auch noch Reisekumpan Paul einladend nahm ich das Angebot an und so fanden wir uns Samstagmorgen um 6 Uhr morgens am Rande Cumbayas ein, um den Schulbus des Colegio Militar zu erwarten.
Nach der in Ecuador üblichen dreiviertel Stunde nach verabredetem Zeitpunkt konnten wir uns dann auch endlich in den Bus setzen und wurden dort von ca. 50 neugierigen Achtklässlern in voller Uniform erwartet, welche die Fahrt über kaum ein Augen von den beiden Weißen lassen konnten. Dabei erwies es sich wieder einmal als äußerst angenehm, mit Paul zu reisen, da ein großer, blonder Deutscher natürlich wesentlich interessanter ist, als meine dunkelhaarige Wenigkeit. Nach den üblichen Stories über Herkunft, Vergleiche Deutschland – Ecuador und Unterhaltungen mit den begleitenden Lehrern kamen wir zum Ziel des pädagogischen Ausfluges: Eine Ölpumpstation im ecuadorianischen Dschungel, an welcher der Direktor der Schule erst einmal mit den verantwortlichen Ingenieuren den Eintritt zu verhandeln hatte, bevor es hinein ging. Wir hörten uns eine kurze, chaotische und vollkommen inhaltsfreie Vorstellung der Anlage durch einen Ingenieur an, die zu allem Übel auch noch zum Großteil von den nebenan arbeitenden Pumpen übertönt wurde und verließen dann schnell wieder die Anlage. Nicht ohne vorher das hervorragende Wiederaufbereitungsbecken zu begutachten, dem angeblich kein Tropfen Verunreinigung in den nahe gelegenen Fluss entweichen sollte.
Von den großen Schornsteinen, welche die Abluft der Pumpen in die Luft entließen, von dem über Kilometer hinweg zu hörenden Lärm der Pumpen, den immer wieder aufgrund von Wartungsmängeln vorkommenden Brüchen der Ölpipeline oder gar den Förderungsmethoden natürlich keine Rede.
So beendeten wir, meiner Meinung nach ohne jeglichen Wert für die Schüler, diesen Abschnitt des Schulausflugs und gingen Mittagessen. Danach verabschiedeten wir uns von den Primitas und ihren Mitschülern, weil diese den Rest des Tages im westlich gelegenen Papallacta verbringen wollten, während unser Weg uns wieder nach Osten zum Reventador führte.
Mit der guten alten Daumenraus-Methode fanden wir auch bald einen Pickup, der uns bis vor die Haustür der einzigen Herberge im Umkreis des Reventadores fuhr. Unterwegs konnten wir mit eigenen Augen begutachten, was mit den Schülern nicht klar geworden war. Wir kamen an einer Öl-Unfallstelle vorbei, und der Fahrer erklärte uns, dass hier vor einigen Monaten noch alles schwarz vor Öl gewesen war. Selbst jetzt, nach 8 Monaten Säuberungsarbeiten waren immer noch einige schwarze Lachen zu sehen. Niemand weiß, wie lange das Zeit hatte in den Boden zu sickern und das Grundwasser zu vergiften, bevor die staatliche Ölgesellschaft die Notwendigkeit sah, überhaupt mit den Renaturierungsmaßnahmen zu beginnen.
Am Hostal angekommen erwartete uns zunächst einmal ein Schock. Laut Hotelpage und Koch vom anderen Ufer gab es keine Zimmer mehr. Ratlos schauten wir uns, wie konnte ein Hostal außerhalb der normalen Feiertage an einem verhältnismäßig untouristischen Ort wie hier bis aufs letzte Bett ausgebucht sein?
Mit dem Hoffnungsschimmer, dass der abwesende Chef vielleicht doch noch ein Zimmer auftreiben könnte, besichtigten wir erst einmal den höchsten Wasserfall Ecuadors, die Cascada San Rafael. Ein schlecht begehbarer, halbstuendiger Weg fuehrte dorthin, zwischendurch ging es noch an einem Pfoertner vorbei, der uns eigentlich $10 haette abnehmen sollen, uns aber ohne Nachfrage so reinliess. Schon bald erreichten wir den Aussichtspunkt auf den Wasserfall und waren alle beide – beeindruckt.
Gigantische Wassermassen waelzen sich die 140 Meter hinunter, scheinen so langsam zu fallen, dass man einzelne Schwaden dabei verfolgen kann. Dazu droehnt ein gewaltiges Grollen durch den Kessel, in dessen Mitte das herabstuerzende Wasser verborgen im Spruehnebel auf den See trifft.
Bewundernd hielten wir eine halbe Stunde inne, den Wasserfall betrachtend, bevor wir wieder zurueck ins hostal gingen.
Hier erwartete uns die gute Nachricht, dass doch noch ein Zweibettzimmer verfuegbar waere und die Erklaerung fuer die Vollbelegung: Die fuer das Oel-Unglueck zustaendigen Arbeiter waren alle im gleichen hostal untergebracht.
Immerhin hatten wir uns nun eine Unterkunft fuer die Nacht gesichert, waere nichts mehr in diesem hostal frei gewesen, haetten wir die Nacht wohl unter freiem Himmel verbringen muessen.
So konnten wir aber beruhigt zu Abend essen, uns einen Fuehrer fuer die Reventadorwanderung am naechsten Morgen organisieren – der sich als der Hotelpage herausstellte – und nach einem erfrischenden Sprung in den von frischem Flusswasser gespeisten Pool frueh zu Bett gehen.
Immerhin hatten wir uns mit unserem Guide fuer 6 Uhr am naechsten Morgen verabredet.
So standen wir wie schon am tag zuvor um 5 auf, sprangen zum Aufwachen nocheinmal in den Pool, fruehstueckten unser gewohntes Toni-Marmeladen-Pan-Fruehstueck und fanden uns puenktlich um 6 am verabredeten Treffpunkt ein. Wie in Ecuador ueblich war unser Fuehrer natuerlich erst um viertel vor Sieben anwesend, woraufhin wir aber zuegig loswanderten. Schliesslich hatten wir dem Jungen versprochen, Mittags wieder zurueck zu sein. So ging es durch tiefsten Matsch in geliehenen Gummistiefeln an der Oelpipeline vorbei in den Dschungel hinein.
Zwar war auf unserer Hoehe von 1800 Metern noch nicht von richtige, Dschungel zu sprechen, den man sich als Mitteleuropaeer so vorstellt, aber was Matschaufkommen und Luftfeuchtigkeit anging, machte der Weg seinem Namen alle Ehre.
Nach zweieinhalb anstrengenden Stunden Matschwanderung, die zu allem Ueberfluss auch noch hauptsaechlich bergauf ging, hatten wir dann endlich unser Ziel erreicht. Eine weite, feuchte Ebene lag vor uns, nur mit Moos, Flechten und einigen niedrigen Straeuchern bewachsen. Das sei der Ausbruch von 2005, meinte Flo zu uns. Weiter ging der Weg durch die wie verzaubert daliegende, nebelverhangene Landschaft, in der mit Tau behangene Spinnennetze in den Straeuchern glaenzten.
Vollkommene Stille lag ueber dem gesamten Bild, dass ich mir wie in einem Maerchen vorkam.
Nach einer weiteren kurzen Wanderung durch diese Landschaft, deutete Flo auf einmal nach vorne und erklaerte: „Das sind die Reste des Ausbruchs vom letzten August!“
Vor uns lagen riesige Steinhaufen, still und scharfkantig. Mit einem Grinsen ueber unsere Gesichter begann Flo den Aufstieg des naechsten der 15 Meter hohen Steinhaufen und rasch ueberwanden wir unser Staunen und folgten ihm hinauf. Die unbequeme Kletterei ueber scharfkantige Steine, die sich bei jedem Tritt zu loesen schienen lohnte sich jedoch, als wir oben ankamen. Um uns herum nur Nebel und die dunklen, chaotisch uebereinander geworfenen Steine kam ich mir vor, wie am Ende der Welt. Dampfend breitete sich soweit der Nebel es zuliess nichts als schwarzer Stein aus, kein Felckchen Gruen dazwischen. Aus allen Spalten der Gesteinshaufen erhob sich kraueselnd heisser Dampf. Selbst jetzt, acht Monate spaeter, waren die Steine im Innern dieser Haufen noch heiss genug, um das Regenwasser verdampfen zu lassen.
Uns genuesslich in den heissen Dampf setzend verzehrten wir die mitgebrachte Zwischenmahlzeit und unterhielten uns ueber den Vulkan und seine Ausbrueche. Der einzige Wermutstropfen der Wanderung war, dass aufgrund all des Nebels keine Spur vom Vulkan selbst zu sehen war. Doch so hatten wir immerhin die geheimnisvolle Landschaft um uns herum, die sich unseren Fuehere auf dem Rueckweg sogar kurz verirren liess. In all dem Nebel und der ueberall gleich aussehenden Landschatf verloren wir alle kurz unsere Orientierung, fanden dann aber schnell wieder auf den richtigen Weg zurueck und betraten einmal mehr den Dschungel.
Der Rueckweg war deutlich leichter, weil immerhin hauptsaechlich bergab, auch wenn Flo auf einmal eine Verfolgungsjagd starten zu muessen meinte, die mit einem verdrehten Fuss meinerseits endete. Endlich kamen wir wieder am Hostal an, alle vollkommen verdreckt und erschoepft, aber sehr zufrieden mit dem Ausflug. Mit einem Blick auf die Uhr bestaetigte sich auch unsere Selbsteinschaetzung, denn wir hatten die siebenstuendige Wanderung in nur Fuenf geschafft.
So konnten wir uns beruhigt in den Bus nach Hause setzen, der mich sogar angenehmerweise nicht erst im Sueden Quitos absetzte, sondern schon im Nachbarort Cumbaya...
PS: Fotos sind oben...
Mittwoch, 11. März 2009
Cotopaxitour mit den Volunteers
Gina hatte es angekündigt und so setzten wir es auch vergangenes Wochenende in die Tat um. Ein Besuch des Cotopaxi, höchster Vulkan der Welt, stand für alle Freiwilligen auf dem Plan. So fiel auch der ursprüngliche Besuch der Kleinstadt Guaranda in der Provinz Bolivar für mich flach, auch wenn es mir im Nachhinein nicht Leid darum tut.
Um fünf Uhr morgens aufgestanden sammelte ich auf dem Weg nach Quito noch sämtliche Freiwilligen aus „Los Valles“ ein und so fanden wir uns einsam weil pünktlich um sieben Uhr morgens am vereinbarten Punkt in Quito ein. Nachdem auch der Rest der Versammlung aus alten (seit August/September), neuen (seit Januar) und vollkommen unbekannten (seit ???) Vols angekommen war, ging es nach kurzer Ansprache des unsympathischen Guides im gemieteten Bus und Jeep auf in den Cotopaxi-Nationalpark.
Die Fahrt dauerte geschlagene drei Stunden, inklusive Aufladen der Fahrräder und Zwischenstopp am Eingang des Nationalparks. Nach einem Halt in einem winzigen Museum und der lang bekannten Erklärung über die Straße der Vulkane und Flora und Fauna der Sierra, kamen wir aber schließlich – endlich – in der Hochebene des Cotopaxi an. Ein riesiges Plateau, vollkommen karg, von etwas Steppengras und kleinen Blümchen abgesehen, erstreckte sich um uns herum, während der gigantische Cotopaxi sich neben uns erheben... Sollte.
Leider war nur eine Flanke des Vulkanes durch die Wolken zu sehen, welche sich wie um uns zu ärgern nur um den Berg herum zusammen gezogen hatten. Schnell ein paar Fotos geknipst und mal wieder bereut, keine Panoramafotos schießen zu können, dann ging es weiter, immer hinauf den Berg, bis kein Weg mehr für den Bus war.
Von dort ab hieß es laufen, unangenehme 300 Höhenmeter durch lockeres Gestein und sandigen Untergrund, dass man sich vorkam, als würde man mit jedem Schritt nach vorn zwei zurückrutschen. Doch schließlich hatten wir es alle geschafft, weniger angestrengt als angenommen nahmen wir von den 4800 Metern Höhe des Refugiums noch einmal weitere 100 in Kauf, um endlich Schnee berühren zu können.
Schnee!
Das erste Mal in Ecuador, wieder Kälte fühlen, wie sie sich gehört!
Schon bald flogen die ersten Schneebälle, wurden Schneemännchen gebaut und die Engel aus der Kindheit in den Schnee gemalt...
Man kann sich als Deutscher kaum vorstellen, wie man so viel Spaß im Schnee haben kann.
Glücklich über die kalte Erfahrung fanden wir uns bald wieder beim Mittagessen ein, alles in allem ein großes Buffet aus Brot, ecuadorianischem Käse und Guacamole, dazu einige Kekse und von allem so viel wie man essen konnte. Gesättigt machten wir uns schließlich wieder an den Abstieg zum Bus, wo schon die Fahrräder auf uns warteten um den aufregenden Teil des Nachmittags zu beginnen.
Dürftige Bauarbeiterhelme auf dem Schädel, bretterten wir hinter dem Guide den Berg hinunter, wobei Schlaglöcher, Wellen und Sandlachen die Abfahrt interessanter machten. Mit Adrenalin vollgepumpt und einem zerstörten Reifen am Fahrrad kam ich unten an, nach kurzem Warten auf den Rest der Gruppe, der die Aussicht dem Adrenalin vorzog und einem Reifenwechsel fuhren wir bis ganz aus dem Nationalpark hinaus, wobei zwischendurch eine Herde Wildpferde unseren Weg kreuzte.
Nach dem Verladen der Bikes machten wir uns mehr oder weniger erschöpft im Bus auf die Rückreise nach Quito, wobei uns der versprochene Schokoladenkuchen jedoch versagt blieb. Unterwegs hatte ich noch die Möglichkeit mein nie vorhandenes Italienisch nochmal aufzufrischen, während ich mich mit den beiden Italienerinnen unterhielt, die irgendwie über den ICYE noch zu uns gestoßen waren.
Fazit: Gletscherbedeckte Vulkane sind was Tolles und Italienisch = Spanisch.
PS: Bilder der letzten Ausfluege stehen auf Picasa
Um fünf Uhr morgens aufgestanden sammelte ich auf dem Weg nach Quito noch sämtliche Freiwilligen aus „Los Valles“ ein und so fanden wir uns einsam weil pünktlich um sieben Uhr morgens am vereinbarten Punkt in Quito ein. Nachdem auch der Rest der Versammlung aus alten (seit August/September), neuen (seit Januar) und vollkommen unbekannten (seit ???) Vols angekommen war, ging es nach kurzer Ansprache des unsympathischen Guides im gemieteten Bus und Jeep auf in den Cotopaxi-Nationalpark.
Die Fahrt dauerte geschlagene drei Stunden, inklusive Aufladen der Fahrräder und Zwischenstopp am Eingang des Nationalparks. Nach einem Halt in einem winzigen Museum und der lang bekannten Erklärung über die Straße der Vulkane und Flora und Fauna der Sierra, kamen wir aber schließlich – endlich – in der Hochebene des Cotopaxi an. Ein riesiges Plateau, vollkommen karg, von etwas Steppengras und kleinen Blümchen abgesehen, erstreckte sich um uns herum, während der gigantische Cotopaxi sich neben uns erheben... Sollte.
Leider war nur eine Flanke des Vulkanes durch die Wolken zu sehen, welche sich wie um uns zu ärgern nur um den Berg herum zusammen gezogen hatten. Schnell ein paar Fotos geknipst und mal wieder bereut, keine Panoramafotos schießen zu können, dann ging es weiter, immer hinauf den Berg, bis kein Weg mehr für den Bus war.
Von dort ab hieß es laufen, unangenehme 300 Höhenmeter durch lockeres Gestein und sandigen Untergrund, dass man sich vorkam, als würde man mit jedem Schritt nach vorn zwei zurückrutschen. Doch schließlich hatten wir es alle geschafft, weniger angestrengt als angenommen nahmen wir von den 4800 Metern Höhe des Refugiums noch einmal weitere 100 in Kauf, um endlich Schnee berühren zu können.
Schnee!
Das erste Mal in Ecuador, wieder Kälte fühlen, wie sie sich gehört!
Schon bald flogen die ersten Schneebälle, wurden Schneemännchen gebaut und die Engel aus der Kindheit in den Schnee gemalt...
Man kann sich als Deutscher kaum vorstellen, wie man so viel Spaß im Schnee haben kann.
Glücklich über die kalte Erfahrung fanden wir uns bald wieder beim Mittagessen ein, alles in allem ein großes Buffet aus Brot, ecuadorianischem Käse und Guacamole, dazu einige Kekse und von allem so viel wie man essen konnte. Gesättigt machten wir uns schließlich wieder an den Abstieg zum Bus, wo schon die Fahrräder auf uns warteten um den aufregenden Teil des Nachmittags zu beginnen.
Dürftige Bauarbeiterhelme auf dem Schädel, bretterten wir hinter dem Guide den Berg hinunter, wobei Schlaglöcher, Wellen und Sandlachen die Abfahrt interessanter machten. Mit Adrenalin vollgepumpt und einem zerstörten Reifen am Fahrrad kam ich unten an, nach kurzem Warten auf den Rest der Gruppe, der die Aussicht dem Adrenalin vorzog und einem Reifenwechsel fuhren wir bis ganz aus dem Nationalpark hinaus, wobei zwischendurch eine Herde Wildpferde unseren Weg kreuzte.
Nach dem Verladen der Bikes machten wir uns mehr oder weniger erschöpft im Bus auf die Rückreise nach Quito, wobei uns der versprochene Schokoladenkuchen jedoch versagt blieb. Unterwegs hatte ich noch die Möglichkeit mein nie vorhandenes Italienisch nochmal aufzufrischen, während ich mich mit den beiden Italienerinnen unterhielt, die irgendwie über den ICYE noch zu uns gestoßen waren.
Fazit: Gletscherbedeckte Vulkane sind was Tolles und Italienisch = Spanisch.
PS: Bilder der letzten Ausfluege stehen auf Picasa
Die Jadelagune von Quilotoa
Kaum zurück in Quito angekommen, lud mich Paul auch schon fürs folgende Wochenende ein. Es sollte in die Indígena-Kommune Peribuela gehen, ein ganzes Stück im Norden von Quito, wo Pauls Chef Stuart ein Wiederaufforstungsprojekt leitet.
Stuart, ein 36jähriger Engländer, der, aus dem Modebusiness kommend, die Ruhe und einfache Arbeit auf einer ecuadorianischen Farm vorzieht, hat sich zum erklärten Ziel gemacht, in seinem Leben 100.000 Bäume zu pflanzen. Davon ist er zwar momentan mit 2500 Bäumen noch recht weit entfernt, aber man hilft ja wo man kann...
Also traf ich pünktlich zum Wochenende auf der Farm ein und nach kurzer Aushilfe im Gemüsegarten der Freiwilligen, machten Paul, Stuart und ich uns auf den Weg nach Peribuela, 630 in der Baumschule großgezogene Bäumchen im Gepäck. Nach drei Stunden wackliger Fahrt auf der Ladefläche eines Pickups zwischen hunderten kleiner Bäume und einem Zwischenstop in Cotacachi, kamen wir auch irgendwann im Gemeindehaus der Communa an. Hier begrüßte uns schon bald der alte Geronimo, seines Zeichens Organisator der Leute aus der Kommune, welche uns beim Pflanzen helfen sollten.
Mit deren Hilfe brachten wir am nächsten Tag nach einer angenehmen Nacht in den Betten des Gemeindehauses und dem leckeren Essen von Lola, Geronimos Frau, alle mitgebrachten Bäume in die Erde und ich kann jetzt stolz von mir behaupten, eigenhändig 81 Bäume gepflanzt zu haben. Zwar wurden die vorgesehen Löcher für die Bäume von den 12 Gemeindemitgliedern gegraben, welche uns vorausgingen, aber irgendjemand muss ja auch fürs Pflanzen zuständig sein.
Zufrieden, wenn auch sonnenverbrannt und kaputt aßen wir noch mit der Gemeinde zu Mittag, bevor wir unsere weiteren Reisepläne in die Tat umsetzten.
Comunas en Ecuador: Sind teilweise vom Staat unabhaengig. Das liegt daran, dass die von Indìgenas dominierten Gemeinden sich selbst verwalten wollen und im Zuge der Landaufteilung ohnehin in den Besitz einen Grossteils des Landes gekommen sind, das zuvor den reichen Grossgrundbesitzern zugesprochen war. Aus dieser selbststaendigen Verwaltung geht die Steuerfreiheit der Kommunen hervor, was auf der anderen Seite eine nur aeuerst geringe Unterstuetzung bei oeffentlichen Projekten zur Folge hat. So muss die Gemeinde beispielsweise alle Materialien fuer den Strassenbau selbst kaufen und erhaelt nur geringe Unterstuetzung des Staates.
Denn die beiden Engländerinnen, mit denen Paul und ich auch schon in Loja unterwegs gewesen waren, hatten uns eingeladen, mit ihnen eine Tour durch die Provinz Cotopaxi zu machen und die Lagune Quilotoa zu besichtigen. Also ging es mit der Schwedin Elin im Gepäck auf in den Bus nach Quito, und von dort weiter nach Latacunga, der Hauptstadt der Provinz Cotopaxi.
Am Morgen hatten wir noch in größter Hitze Bäume gepflanzt und kamen noch am selben Abend reichlich erschöpft im eisigen Latacunga an. Glücklicherweise hatten Safran und Lottie schon ein hervorragendes Hotel ausfindig gemacht, wo wir für $7 eine Juniorsuite zu dritt belegen und deren Badezimmer als Tanzsaal benutzen konnten. Trotz der komfortablen Unterkunft luden wir nur unser Gepäck ab, tauschten kurz Neuigkeiten mit den beiden Mädels aus und dann ging es zum Essen in die nächste Pizzeria.
Nach dem sättigenden, europäischen Essen mussten wir uns für diesen Abend leider von Elin verabschieden, die sich mit Kopfschmerzen und Fieber ins Bett verabschiedete. Zu viert suchten wir noch eine Bar auf, wobei sich Latacunga jedoch als ziemliche Enttäuschung erwies. Außer der typisch ecuadoriansichen Salsa-Reggaeton-Tanzbar war nichts aufzufinden. Zwar bekamen wir auf der Suche noch eine Einladung für eine billige Absteige in der schlechte Livemusik gespielt wurde, das mussten wir jedoch dankend ablehnen.
Am nächsten Tag ging es früh im Bus nach Zumbahua, dem kleinen Dorf, welches am nächsten an der Kraterlagunge Quilotoa liegt. Diese Lagune ist in ganz Ecuador für ihre jadegrüne Farbe berühhmt und zählt zu den schönsten von ganz Ecuador. Nach der zweistündigen Busfahrt nach Zumbahua stiegen wir ins gemietete Camioneta um, das uns rasch zur Lagune fuhr. Unterwegs gab es ein kurzes Fotoshooting in der zerklüfteten Canyonlandschaft, bevor wir den Kraterrand erreichten.
Einige hundert Meter unter uns breitete sich die grünglänzende Lagune, wie ein gigantischer Jadekristall aus. Während zwei der Mädels beschlossen, die Aussicht von oben zu genießen, machten Safran, Paul und ich uns an den Absttieg bis hinunter zum See. Hatten wir oben am Kraterrand sogar noch mit Winterjacke und Handschuhen gefroren, wurde es zunehmend wärmer, bis wir am Wasser sommerliche Temperaturen spürten. Rasch zogen Paul und ich uns um und sprangen in das eisige, schwefelhaltige Wasser der Lagune. Nach dieser Abkühlung und dem Verzehr des mitgebrachten Brotes fühlten wir uns gestärkt genug, den Aufstieg von etwa 300 Höhenmetern in Angriff zu nehmen. Paul immer vorweg kamen wir schließlich keuchend und schwitzend wieder oben an und begannen im eisigen Höhenwind sofort zu zittern.
Rasch hüllten wir uns in die dicke Kleidung, schwangen uns auf die Ladefläche des wartenden Pickup und erreichten rasch den Ausgangspunkt Zumbahua. Rasch fanden sich einige freundliche LKW-Fahrer, welche uns bis nach Latacunga brachten. Von hier ging es im nächsten Bus zurück nach Quito und in die Heimat...
Stuart, ein 36jähriger Engländer, der, aus dem Modebusiness kommend, die Ruhe und einfache Arbeit auf einer ecuadorianischen Farm vorzieht, hat sich zum erklärten Ziel gemacht, in seinem Leben 100.000 Bäume zu pflanzen. Davon ist er zwar momentan mit 2500 Bäumen noch recht weit entfernt, aber man hilft ja wo man kann...
Also traf ich pünktlich zum Wochenende auf der Farm ein und nach kurzer Aushilfe im Gemüsegarten der Freiwilligen, machten Paul, Stuart und ich uns auf den Weg nach Peribuela, 630 in der Baumschule großgezogene Bäumchen im Gepäck. Nach drei Stunden wackliger Fahrt auf der Ladefläche eines Pickups zwischen hunderten kleiner Bäume und einem Zwischenstop in Cotacachi, kamen wir auch irgendwann im Gemeindehaus der Communa an. Hier begrüßte uns schon bald der alte Geronimo, seines Zeichens Organisator der Leute aus der Kommune, welche uns beim Pflanzen helfen sollten.
Mit deren Hilfe brachten wir am nächsten Tag nach einer angenehmen Nacht in den Betten des Gemeindehauses und dem leckeren Essen von Lola, Geronimos Frau, alle mitgebrachten Bäume in die Erde und ich kann jetzt stolz von mir behaupten, eigenhändig 81 Bäume gepflanzt zu haben. Zwar wurden die vorgesehen Löcher für die Bäume von den 12 Gemeindemitgliedern gegraben, welche uns vorausgingen, aber irgendjemand muss ja auch fürs Pflanzen zuständig sein.
Zufrieden, wenn auch sonnenverbrannt und kaputt aßen wir noch mit der Gemeinde zu Mittag, bevor wir unsere weiteren Reisepläne in die Tat umsetzten.
Comunas en Ecuador: Sind teilweise vom Staat unabhaengig. Das liegt daran, dass die von Indìgenas dominierten Gemeinden sich selbst verwalten wollen und im Zuge der Landaufteilung ohnehin in den Besitz einen Grossteils des Landes gekommen sind, das zuvor den reichen Grossgrundbesitzern zugesprochen war. Aus dieser selbststaendigen Verwaltung geht die Steuerfreiheit der Kommunen hervor, was auf der anderen Seite eine nur aeuerst geringe Unterstuetzung bei oeffentlichen Projekten zur Folge hat. So muss die Gemeinde beispielsweise alle Materialien fuer den Strassenbau selbst kaufen und erhaelt nur geringe Unterstuetzung des Staates.
Denn die beiden Engländerinnen, mit denen Paul und ich auch schon in Loja unterwegs gewesen waren, hatten uns eingeladen, mit ihnen eine Tour durch die Provinz Cotopaxi zu machen und die Lagune Quilotoa zu besichtigen. Also ging es mit der Schwedin Elin im Gepäck auf in den Bus nach Quito, und von dort weiter nach Latacunga, der Hauptstadt der Provinz Cotopaxi.
Am Morgen hatten wir noch in größter Hitze Bäume gepflanzt und kamen noch am selben Abend reichlich erschöpft im eisigen Latacunga an. Glücklicherweise hatten Safran und Lottie schon ein hervorragendes Hotel ausfindig gemacht, wo wir für $7 eine Juniorsuite zu dritt belegen und deren Badezimmer als Tanzsaal benutzen konnten. Trotz der komfortablen Unterkunft luden wir nur unser Gepäck ab, tauschten kurz Neuigkeiten mit den beiden Mädels aus und dann ging es zum Essen in die nächste Pizzeria.
Nach dem sättigenden, europäischen Essen mussten wir uns für diesen Abend leider von Elin verabschieden, die sich mit Kopfschmerzen und Fieber ins Bett verabschiedete. Zu viert suchten wir noch eine Bar auf, wobei sich Latacunga jedoch als ziemliche Enttäuschung erwies. Außer der typisch ecuadoriansichen Salsa-Reggaeton-Tanzbar war nichts aufzufinden. Zwar bekamen wir auf der Suche noch eine Einladung für eine billige Absteige in der schlechte Livemusik gespielt wurde, das mussten wir jedoch dankend ablehnen.
Am nächsten Tag ging es früh im Bus nach Zumbahua, dem kleinen Dorf, welches am nächsten an der Kraterlagunge Quilotoa liegt. Diese Lagune ist in ganz Ecuador für ihre jadegrüne Farbe berühhmt und zählt zu den schönsten von ganz Ecuador. Nach der zweistündigen Busfahrt nach Zumbahua stiegen wir ins gemietete Camioneta um, das uns rasch zur Lagune fuhr. Unterwegs gab es ein kurzes Fotoshooting in der zerklüfteten Canyonlandschaft, bevor wir den Kraterrand erreichten.
Einige hundert Meter unter uns breitete sich die grünglänzende Lagune, wie ein gigantischer Jadekristall aus. Während zwei der Mädels beschlossen, die Aussicht von oben zu genießen, machten Safran, Paul und ich uns an den Absttieg bis hinunter zum See. Hatten wir oben am Kraterrand sogar noch mit Winterjacke und Handschuhen gefroren, wurde es zunehmend wärmer, bis wir am Wasser sommerliche Temperaturen spürten. Rasch zogen Paul und ich uns um und sprangen in das eisige, schwefelhaltige Wasser der Lagune. Nach dieser Abkühlung und dem Verzehr des mitgebrachten Brotes fühlten wir uns gestärkt genug, den Aufstieg von etwa 300 Höhenmetern in Angriff zu nehmen. Paul immer vorweg kamen wir schließlich keuchend und schwitzend wieder oben an und begannen im eisigen Höhenwind sofort zu zittern.
Rasch hüllten wir uns in die dicke Kleidung, schwangen uns auf die Ladefläche des wartenden Pickup und erreichten rasch den Ausgangspunkt Zumbahua. Rasch fanden sich einige freundliche LKW-Fahrer, welche uns bis nach Latacunga brachten. Von hier ging es im nächsten Bus zurück nach Quito und in die Heimat...
Dienstag, 3. März 2009
Karneval in Ecuador – bedeutete für Paul und mich weniger Wasser in den Stiefeln und Hühnerscheiße auf dem Kopf (wie ein ecuadorianisches Sprichwort besagt), als vielmehr ein verlängertes Wochenende mit vier freien Tagen zum Reisen.
War unser Plan zunächst noch gewesen, die Karnevalsfeiern in Ambato oder Latacunga zu begehen und uns die „Fiestas de frutas y flores“ in Ambato anzuschauen, schwenkten wir dann doch noch auf eine Reise in den tiefsten Süden Ecuadors um.
Von unserem Reiseführer neugierig gemacht, der mit Sprüchen wie „Allein für diese Landschaft könnte sich für so manchen der Flug nach Ecuador gelohnt haben“ in den Süden lockte, wollte wir die langen Feiertage für die noch längere Reise in die Südprovinz Loja wagen.
So ging es dann trotz zahlreicher Routenschließungen aufgrund anhaltender Regenfälle am Freitag Abend im guten alten Panamericanabus auf nach Loja.
Auch wenn hin und wieder kurze Straßensperrungen auftraten, da Erdrutsche beseitigt werden mussten, kamen wir mit nur einer Stunde Verspätung am nächsten Tag in der Provinzhauptstadt Loja an. Da wir noch auf zwei Engländerinnen warten wollten, die Paul auf der Farm kennengelernt hatte und sich ebenfalls im südlichen Bereich Ecuadors umschauen wollten, nutzten wir die Zeit bis zu ihrer Ankunft für eine Stadtbesichtigung – gut - und einen Kaffee – schlecht- .
Die Stadt Loja, welche schon auf der Busfahrt von heimkehrenden Einwohnern als „schön wie Cuenca“ gelobt wurde, hatte tatsächlich mit einigen schönen Parks und Kirchen aufzuwarten, wenn auch die Restaurierung der Häuser bei weitem nicht so großflächig durchgeführt wurde, wie in Cuenca.
Nach einem mehr oder weniger reichhaltigen Mittagessen wollten wir noch den botanischen Garten von Loja besuchen, stiegen ins Taxi ein, unterhielten uns auf der Fahrt kurz mit dem Fahrer über den botanischen Garten und ... Mussten am Ziel feststellen, dass geschlossen war. Wäre natürlich zu einfach gewesen, uns davon bei Fahrtbeginn in Kenntnis zu setzen, aber dann hätte man ja auch ein Geld mehr verdient.
Also nahmen wir den Fußweg zurück und trafen schließlich die Mädels am Busterminal, um uns gleich auf die Weiterreise nach Vilcabamba zu machen.
Vilcabamba: Das Tal der Langlebigen, wie es in Ecuador auch genannt wird, liegt nur einige Dutzend Kilometer von der peruanischen Grenze entfernt und ist für sein mildes Klima und die spektakuläre Andenlandschaft der Umgebung bei Touristen beliebt. Zudem hat das kleine Städtchen mit Einwohnern von ungewöhnlich hohem Alter aufzuwarten, wobei das Rekordalter von 128 Jahren erreicht wurde. Neben diesen Fakten und freundlichen Einwohnern, hat Vilcabamba aber recht wenig zu bieten, sieht man mal von der nicht alten aber schön hergerichteten Kirche im Ortskern ab.
Hier mussten wir zunächst zu unserem Entsetzen feststellen, dass der billigste Raum zum Übernachten gute $12 kosten sollte, konnten dann aber schließlich unter Mithilfe einiger freundlicher Holländer doch noch einen für $5 ergattern. Entgegen unserer Vermutung, in Loja weitgehend vom allgemeinen Karnevalstourismus verschont zu bleiben, trafen wir hier Gringos an jeder Ecke und mussten uns vollkommen durchnässt und mit farbigem Schaum besprüht mit einem Essen an einem Straßenstand zufriedengeben.
Entgegen der Befürchtung war das Essen aber wirklich lecker, wenn auch teuer, und ließ auch keinen von uns den Rest des Abends auf der Toilette verbringen. Ganz im Gegensatz wurden Abends noch die Kings-Karten ausgepackt und einige Bier vernichtet, bevor es zu Bett ging.
Und am nächsten Morgen war mir auch klar, warum unsere Unterbringung so billig gewesen war.
Denn genau über meiner - natürlich offenen – Tasche, hatte die Decke ein Loch und es hatte reingeregnet, so dass ich morgens um 7 Uhr quer durch Vilcabamba stiefeln durfte, um meine gesamte Wäsche für eine Stunde in den Trockner schmeißen zu können.
Einigermaßen genervt von diesem Zwischenfall besuchten wir noch die Kirche des Ortes, wobei das einzig Erwähnenswerte jedoch der halbfanatische Alte war, der uns einiges über die Heiligen des Ortes und ihre Verehrung erzählte.
Kaum war die Wäsche getrocknet und der Alte abgewimmelt, machten wir uns auch wieder auf den Rückweg nach Loja, um von dort nach Zamora weiter zu reisen. Zamora, Hauptstadt der Provinz Zamora-Chinchipe, lockte mit dem Nationalpark Podocarpus und so machten wir uns auf die zweistündige Bustour.
Angekommen informierten wir uns kurz über den Weg in den Nationalpark, suchten ein Hostal und aßen in einem sehr weißen Lokal zu Abend, wobei unser Essen jedoch nicht in diesem Restaurant zubereitet, sondern aus Anderen importiert wurde. Belustigt sahen wir also die Besitzerin mit den Essensboxen zur Tür hereinkommen, hinterm Tresen verschwinden und nach einigen Sekunden auf wundersame Art mit unserem Essen wieder auftauchen.
Gesättigt und zufrieden ging es zeitig ins Bett, um am nächsten Morgen früh in den Nationalpark zu fahren. Schnell war ein Pick-Up gefunden, der uns günstig hinfuhr und wieder abholte. Vor Ort konnten wir dem Parkwärter gekonnt glauben machen, wir wären alle Studenten in Ecuador und hätten damit die $2 für Ecuadorianer und nicht die $10 für Ausländer als Eintrittsgebühr zu bezahlen. Ein Glück, denn ich hatte glatt meinen Censo im Hotel vergessen und wäre damit wohl kaum billiger reingekommen...
Censo: Der Censo, als „ecuadorianischer Personalausweis für Ausländer“ wird nur bei längerem Aufenthalt in festem Wohnsitz ausgestellt. Mit diesem ist man für alle Belange als Ecuadorianer zu behandeln, was sich bei uns hauptsächlich in Eintrittspreisen für touristische Plätze niederschlägt.
Wir genossen den Tag in freier Natur mit großen Schmetterlingen, Wasserfällen und dem 800 Meter weiten Aufstieg auf einen Aussichtspunkt, wobei die Steigung geschätzte 45 Grad betrug und ich mich dank meiner profillosen Schuhe mehr als einmal im Schlamm wälzte.
Doch der Schlamm ließ sich in den Wasserfällen wieder gut abwaschen und so ging es mehr oder weniger sauber wieder zurück ins Hotel, um zu duschen und sich an die Weiterreise zu machen.
Denn für Paul und mich stand noch der Besuch von Zaruma auf dem Plan, der größten Goldförderstadt von Ecuador, während sich die beiden Engländerinnen auf den Weg nach Cuenca machen wollten.
So trennten wir uns am Terminal von Loja und kamen alleine zu zweit abends in Zaruma an.
Dazwischen lag jedoch die abenteuerlichste Busfahrt meiner gesamten Ecuadorreise. Denn die Verbindungsstraße aus der im Hochland gelegenen Stadt Loja und der auf der andren Seite der Anden gelegenen Stadt Zaruma ist alles andere als gut ausgebaut. Die durch die andauernde Regenfälle noch weiter verschlechterte Straße war teilweise zu schmal, um zwei Fahrzeuge nebeneinander durchzulassen.
Auch hatte man in so mancher Kurve den Eindruck, als würde ein Rad in der Luft schweben und die restlichen nur von dem zähen Schlamm auf der Straße in der Spur gehalten. Nach sechs Stunden zähem Vorankommen, wobei selbst die eine oder andere Bachdurchquerung ohne Brücke mit dabei war, erreichten unser Ziel.
Zaruma: Die Goldgräberstadt im südlichen Teil Ecuadors kann mit einer langen Tradition der Schürferei aufwarten. Die älteste Mine wurde schon im 16. Jhd. von den Spaniern ausgebeutet und selbst die zuvor hier ansässigen Canari-Indianer sammelten das gelbe Metall schon aus den Flussläufen. Doch auch wenn Zaruma heute dank der Goldvorkommen eine reiche Stadt ist, hat der begehrte Stoff nicht nur Gutes mit sich gebracht.
So verpflichteten die Spanier alle arbeitsfähigen Indigenas der Region zur Arbeit in den Minen, wobei die Lebenserwartung eines Minenarbeiters damals jedoch nicht bei mehr als 5 Jahren lag. Die aussichtslose Lage der Indigenas, sowie die brutale Ausbeutung und an Sklaverei erinnernde Haltung der Arbeiter durch die Spanier führte nach einiger Zeit zu kollektiven Selbstmorden von bis zu 100 Arbeitern in den Minen und der Abtreibung sämtlicher Kinder durch die Indigenafrauen. Während der spanischen Herrschaft über diese Region wurde so die gesamte ursprüngliche Bevölkerung ausgelöscht – Schätzungen gehen von einer Zahl von etwa 30.000 Menschen aus – und damit auch die Grundlage für die vollkommen weiße, heutige Bevölkerung der Region gelegt.
Diese fördert weiterhin das Gold aus den reichhaltigen Adern der Berge, wobei sich das Stollennetz mittlerweile über 12 Ebenen mit jeweils 30 Metern Abstand voneinander unter der ganzen Stadt und Umgebung erstreckt.
In Zaruma waren wir beide vollkommen begeistert vom Stadtbild und wanderten einige Zeit durch die architektonisch sehr schöne Goldgräberstadt, der man ihren Reichtum anmerkte. Besonders interessant waren die Holzarbeiten der Stadt. Sowohl die tragenden Säulen der Hausbalkone, als auch die systematisch verschachtelten Türen sind aus einem lokalen Holz gemacht, das sehr interessant bearbeitet und bemalt wird.
Den nächsten Morgen nutzten wir für den touristischen Rundgang in Zaruma und Umgebung, besichtigten mit dem hervorragenden Tourismusbeauftragten der Stadt eine Goldmine und bekamen dabei noch einen Haufen Informationen über Stadt, Umgebung und Geschichte zugeliefert, machten im Anschluss eine Tour zum 120 Meter hohen Wasserfall von Guaiquichuma und besuchten die Süßigkeiten herstellenden Dona Clemé.
Während der ganzen Reise mussten wir feststellen, dass die Karnevalszeit nicht gerade touristenfreundlich ist. Nicht nur, dass es keine öffentlichen Verkehrsmittel gab, wurde auch rücksichtslos ausgenutzt, dass die zwei Gringos auf den angehaltenen Caionetas auf der Ladefläche mitfuhren. Immer wieder kamen Wasserbomben geflogen, wurde mit dem Schlauch der Pick-Up samt Passagieren gewaschen und wurden ganze Wassereimer über unseren Köpfen ausgeleert.
Doch die Ziele waren diese Unannehmlichkeiten allemal wert. Der beeindruckende Wasserfall mit dem unaussprechlichen Namen, der uns am Ziel von drei verschiedenen Mitfahrgelegenheiten und einem gecharterten Camioneta erwartete machte einen schier atemberaubenden Eindruck.
Die anschließend besuchte Süßigkeitenherstellung machte dagegen zwar nicht so viel her, hatte dafür aber mit gutem Geschmack und leckerem Kaffee aufzuwarten.
Nach diesem guten Tag war es auch nur halb so schlimm, dass wir keinen Direktbus aus Zaruma zurück nach Quito fanden, sondern über die Küstenstadt Machala zurückkehren mussten. Hier hatten wir dann aber auch einen recht gut ausgestatteten Bus zur Hälfte für uns allein und so kamen wir recht ausgeruht am nächsten Tag pünktlich in der Heimat an...
War unser Plan zunächst noch gewesen, die Karnevalsfeiern in Ambato oder Latacunga zu begehen und uns die „Fiestas de frutas y flores“ in Ambato anzuschauen, schwenkten wir dann doch noch auf eine Reise in den tiefsten Süden Ecuadors um.
Von unserem Reiseführer neugierig gemacht, der mit Sprüchen wie „Allein für diese Landschaft könnte sich für so manchen der Flug nach Ecuador gelohnt haben“ in den Süden lockte, wollte wir die langen Feiertage für die noch längere Reise in die Südprovinz Loja wagen.
So ging es dann trotz zahlreicher Routenschließungen aufgrund anhaltender Regenfälle am Freitag Abend im guten alten Panamericanabus auf nach Loja.
Auch wenn hin und wieder kurze Straßensperrungen auftraten, da Erdrutsche beseitigt werden mussten, kamen wir mit nur einer Stunde Verspätung am nächsten Tag in der Provinzhauptstadt Loja an. Da wir noch auf zwei Engländerinnen warten wollten, die Paul auf der Farm kennengelernt hatte und sich ebenfalls im südlichen Bereich Ecuadors umschauen wollten, nutzten wir die Zeit bis zu ihrer Ankunft für eine Stadtbesichtigung – gut - und einen Kaffee – schlecht- .
Die Stadt Loja, welche schon auf der Busfahrt von heimkehrenden Einwohnern als „schön wie Cuenca“ gelobt wurde, hatte tatsächlich mit einigen schönen Parks und Kirchen aufzuwarten, wenn auch die Restaurierung der Häuser bei weitem nicht so großflächig durchgeführt wurde, wie in Cuenca.
Nach einem mehr oder weniger reichhaltigen Mittagessen wollten wir noch den botanischen Garten von Loja besuchen, stiegen ins Taxi ein, unterhielten uns auf der Fahrt kurz mit dem Fahrer über den botanischen Garten und ... Mussten am Ziel feststellen, dass geschlossen war. Wäre natürlich zu einfach gewesen, uns davon bei Fahrtbeginn in Kenntnis zu setzen, aber dann hätte man ja auch ein Geld mehr verdient.
Also nahmen wir den Fußweg zurück und trafen schließlich die Mädels am Busterminal, um uns gleich auf die Weiterreise nach Vilcabamba zu machen.
Vilcabamba: Das Tal der Langlebigen, wie es in Ecuador auch genannt wird, liegt nur einige Dutzend Kilometer von der peruanischen Grenze entfernt und ist für sein mildes Klima und die spektakuläre Andenlandschaft der Umgebung bei Touristen beliebt. Zudem hat das kleine Städtchen mit Einwohnern von ungewöhnlich hohem Alter aufzuwarten, wobei das Rekordalter von 128 Jahren erreicht wurde. Neben diesen Fakten und freundlichen Einwohnern, hat Vilcabamba aber recht wenig zu bieten, sieht man mal von der nicht alten aber schön hergerichteten Kirche im Ortskern ab.
Hier mussten wir zunächst zu unserem Entsetzen feststellen, dass der billigste Raum zum Übernachten gute $12 kosten sollte, konnten dann aber schließlich unter Mithilfe einiger freundlicher Holländer doch noch einen für $5 ergattern. Entgegen unserer Vermutung, in Loja weitgehend vom allgemeinen Karnevalstourismus verschont zu bleiben, trafen wir hier Gringos an jeder Ecke und mussten uns vollkommen durchnässt und mit farbigem Schaum besprüht mit einem Essen an einem Straßenstand zufriedengeben.
Entgegen der Befürchtung war das Essen aber wirklich lecker, wenn auch teuer, und ließ auch keinen von uns den Rest des Abends auf der Toilette verbringen. Ganz im Gegensatz wurden Abends noch die Kings-Karten ausgepackt und einige Bier vernichtet, bevor es zu Bett ging.
Und am nächsten Morgen war mir auch klar, warum unsere Unterbringung so billig gewesen war.
Denn genau über meiner - natürlich offenen – Tasche, hatte die Decke ein Loch und es hatte reingeregnet, so dass ich morgens um 7 Uhr quer durch Vilcabamba stiefeln durfte, um meine gesamte Wäsche für eine Stunde in den Trockner schmeißen zu können.
Einigermaßen genervt von diesem Zwischenfall besuchten wir noch die Kirche des Ortes, wobei das einzig Erwähnenswerte jedoch der halbfanatische Alte war, der uns einiges über die Heiligen des Ortes und ihre Verehrung erzählte.
Kaum war die Wäsche getrocknet und der Alte abgewimmelt, machten wir uns auch wieder auf den Rückweg nach Loja, um von dort nach Zamora weiter zu reisen. Zamora, Hauptstadt der Provinz Zamora-Chinchipe, lockte mit dem Nationalpark Podocarpus und so machten wir uns auf die zweistündige Bustour.
Angekommen informierten wir uns kurz über den Weg in den Nationalpark, suchten ein Hostal und aßen in einem sehr weißen Lokal zu Abend, wobei unser Essen jedoch nicht in diesem Restaurant zubereitet, sondern aus Anderen importiert wurde. Belustigt sahen wir also die Besitzerin mit den Essensboxen zur Tür hereinkommen, hinterm Tresen verschwinden und nach einigen Sekunden auf wundersame Art mit unserem Essen wieder auftauchen.
Gesättigt und zufrieden ging es zeitig ins Bett, um am nächsten Morgen früh in den Nationalpark zu fahren. Schnell war ein Pick-Up gefunden, der uns günstig hinfuhr und wieder abholte. Vor Ort konnten wir dem Parkwärter gekonnt glauben machen, wir wären alle Studenten in Ecuador und hätten damit die $2 für Ecuadorianer und nicht die $10 für Ausländer als Eintrittsgebühr zu bezahlen. Ein Glück, denn ich hatte glatt meinen Censo im Hotel vergessen und wäre damit wohl kaum billiger reingekommen...
Censo: Der Censo, als „ecuadorianischer Personalausweis für Ausländer“ wird nur bei längerem Aufenthalt in festem Wohnsitz ausgestellt. Mit diesem ist man für alle Belange als Ecuadorianer zu behandeln, was sich bei uns hauptsächlich in Eintrittspreisen für touristische Plätze niederschlägt.
Wir genossen den Tag in freier Natur mit großen Schmetterlingen, Wasserfällen und dem 800 Meter weiten Aufstieg auf einen Aussichtspunkt, wobei die Steigung geschätzte 45 Grad betrug und ich mich dank meiner profillosen Schuhe mehr als einmal im Schlamm wälzte.
Doch der Schlamm ließ sich in den Wasserfällen wieder gut abwaschen und so ging es mehr oder weniger sauber wieder zurück ins Hotel, um zu duschen und sich an die Weiterreise zu machen.
Denn für Paul und mich stand noch der Besuch von Zaruma auf dem Plan, der größten Goldförderstadt von Ecuador, während sich die beiden Engländerinnen auf den Weg nach Cuenca machen wollten.
So trennten wir uns am Terminal von Loja und kamen alleine zu zweit abends in Zaruma an.
Dazwischen lag jedoch die abenteuerlichste Busfahrt meiner gesamten Ecuadorreise. Denn die Verbindungsstraße aus der im Hochland gelegenen Stadt Loja und der auf der andren Seite der Anden gelegenen Stadt Zaruma ist alles andere als gut ausgebaut. Die durch die andauernde Regenfälle noch weiter verschlechterte Straße war teilweise zu schmal, um zwei Fahrzeuge nebeneinander durchzulassen.
Auch hatte man in so mancher Kurve den Eindruck, als würde ein Rad in der Luft schweben und die restlichen nur von dem zähen Schlamm auf der Straße in der Spur gehalten. Nach sechs Stunden zähem Vorankommen, wobei selbst die eine oder andere Bachdurchquerung ohne Brücke mit dabei war, erreichten unser Ziel.
Zaruma: Die Goldgräberstadt im südlichen Teil Ecuadors kann mit einer langen Tradition der Schürferei aufwarten. Die älteste Mine wurde schon im 16. Jhd. von den Spaniern ausgebeutet und selbst die zuvor hier ansässigen Canari-Indianer sammelten das gelbe Metall schon aus den Flussläufen. Doch auch wenn Zaruma heute dank der Goldvorkommen eine reiche Stadt ist, hat der begehrte Stoff nicht nur Gutes mit sich gebracht.
So verpflichteten die Spanier alle arbeitsfähigen Indigenas der Region zur Arbeit in den Minen, wobei die Lebenserwartung eines Minenarbeiters damals jedoch nicht bei mehr als 5 Jahren lag. Die aussichtslose Lage der Indigenas, sowie die brutale Ausbeutung und an Sklaverei erinnernde Haltung der Arbeiter durch die Spanier führte nach einiger Zeit zu kollektiven Selbstmorden von bis zu 100 Arbeitern in den Minen und der Abtreibung sämtlicher Kinder durch die Indigenafrauen. Während der spanischen Herrschaft über diese Region wurde so die gesamte ursprüngliche Bevölkerung ausgelöscht – Schätzungen gehen von einer Zahl von etwa 30.000 Menschen aus – und damit auch die Grundlage für die vollkommen weiße, heutige Bevölkerung der Region gelegt.
Diese fördert weiterhin das Gold aus den reichhaltigen Adern der Berge, wobei sich das Stollennetz mittlerweile über 12 Ebenen mit jeweils 30 Metern Abstand voneinander unter der ganzen Stadt und Umgebung erstreckt.
In Zaruma waren wir beide vollkommen begeistert vom Stadtbild und wanderten einige Zeit durch die architektonisch sehr schöne Goldgräberstadt, der man ihren Reichtum anmerkte. Besonders interessant waren die Holzarbeiten der Stadt. Sowohl die tragenden Säulen der Hausbalkone, als auch die systematisch verschachtelten Türen sind aus einem lokalen Holz gemacht, das sehr interessant bearbeitet und bemalt wird.
Den nächsten Morgen nutzten wir für den touristischen Rundgang in Zaruma und Umgebung, besichtigten mit dem hervorragenden Tourismusbeauftragten der Stadt eine Goldmine und bekamen dabei noch einen Haufen Informationen über Stadt, Umgebung und Geschichte zugeliefert, machten im Anschluss eine Tour zum 120 Meter hohen Wasserfall von Guaiquichuma und besuchten die Süßigkeiten herstellenden Dona Clemé.
Während der ganzen Reise mussten wir feststellen, dass die Karnevalszeit nicht gerade touristenfreundlich ist. Nicht nur, dass es keine öffentlichen Verkehrsmittel gab, wurde auch rücksichtslos ausgenutzt, dass die zwei Gringos auf den angehaltenen Caionetas auf der Ladefläche mitfuhren. Immer wieder kamen Wasserbomben geflogen, wurde mit dem Schlauch der Pick-Up samt Passagieren gewaschen und wurden ganze Wassereimer über unseren Köpfen ausgeleert.
Doch die Ziele waren diese Unannehmlichkeiten allemal wert. Der beeindruckende Wasserfall mit dem unaussprechlichen Namen, der uns am Ziel von drei verschiedenen Mitfahrgelegenheiten und einem gecharterten Camioneta erwartete machte einen schier atemberaubenden Eindruck.
Die anschließend besuchte Süßigkeitenherstellung machte dagegen zwar nicht so viel her, hatte dafür aber mit gutem Geschmack und leckerem Kaffee aufzuwarten.
Nach diesem guten Tag war es auch nur halb so schlimm, dass wir keinen Direktbus aus Zaruma zurück nach Quito fanden, sondern über die Küstenstadt Machala zurückkehren mussten. Hier hatten wir dann aber auch einen recht gut ausgestatteten Bus zur Hälfte für uns allein und so kamen wir recht ausgeruht am nächsten Tag pünktlich in der Heimat an...
Dienstag, 10. Februar 2009
Nachruf
Wie ich vor kurzem erfahren habe, ist mein ehemaliger Mathematik- und Sozialwissenschaftslehrer Herr Frontzek nach kurzer und schwerer Krankheit verstorben.
Ich habe ihn während meiner Schulzeit als äußerst menschlichen, ehrlichen und direkten Lehrer kennen gelernt, der es als erster geschafft hat, mir die Mathematik verständlich zu machen.
In tiefstem Bedauern, meinen Besuch bei ihm nach Abschluss meines Jahres nicht wahr machen zu können und in Beileid mit den Hinterbliebenen
Kai Hasenclever
Ecuador, Dienstag 10.02.09
Ich habe ihn während meiner Schulzeit als äußerst menschlichen, ehrlichen und direkten Lehrer kennen gelernt, der es als erster geschafft hat, mir die Mathematik verständlich zu machen.
In tiefstem Bedauern, meinen Besuch bei ihm nach Abschluss meines Jahres nicht wahr machen zu können und in Beileid mit den Hinterbliebenen
Kai Hasenclever
Ecuador, Dienstag 10.02.09
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